Darum läuft’s nicht bei der S-Bahn
Fahrgast-Lobbyist Naumann über Fehler und strapazierte Weichen
Züge fallen aus, kommen zu spät, sind überfüllt – ständig gibt es Ärger bei der Hamburger S-Bahn. Das muss nicht sein, sagt Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbands „Pro Bahn“. Die MOPO sprach mit ihm über das regelmäßige Bahn-Chaos.
MOPO: Herr Naumann, wieso hat die S-Bahn so viele Probleme? Karl-Peter Naumann:
Der Hamburger Hauptbahnhof ist die Achillesferse der S-Bahn. Hier müssen alle Züge durch. Eine Umfahrungsmöglichkeit gibt es nicht. Entsteht hier ein Problem, sind alle Linien – weil sie teils auf denselben Schienen fahren – betroffen und nichts geht mehr.
Warum werden die Züge nicht auf andere Gleise umgeleitet?
Die S-Bahn hat ein eigenes Stromsystem mit Gleichstrom, die anderen Bahnen fahren mit Oberleitungen samt Wechselstrom. Ein Umleiten der Züge auf andere Gleise im Hauptbahnhof, wie in Zürich oder München, ist, daher nicht möglich. Ausnahme sind die ZweiSystem-Züge, die nach Stade fahren.
Zuletzt gab es immer wieder Stellwerk-Probleme. Ist die Infrastruktur der Bahn zu alt?
Vorweg: Die neueste Technik ist nicht immer die beste. In Elmshorn gibt es ein hochmodernes Stellwerk. Dort gibt es auch regelmäßig Probleme. Ich denke, die SBahn verfügt über eine solide Technik. Sie muss nur regelmäßig gewartet werden. Die Weichenanlagen werden in Hamburg enorm beansprucht. Der Instandhaltung muss ein stärkeres Gewicht eingeräumt werden.
Ist das ein Kostenproblem?
Im gesamten Unternehmen, nicht nur bei der S-Bahn, ist Karl-Peter Naumann, EhrenVorsitzender von „Pro Bahn“
in den vergangenen Jahren viel gespart worden. Es wurde wenig Geld reinvestiert, was auch am Börsengang lag. Jetzt befindet man sich wieder auf einem besseren Weg.
Die S-Bahn hat gerade erst 60 neue Fahrzeuge bestellt ...
Diese Investitionen sind richtig. Mehr Züge auf der Strecke bedeuten eine höhere Kapazität für zahlreiche Fahrgäste. In München liegt die Taktung knapp unterhalb von zwei Minuten, das sollte auch hier möglich sein. Falsch ist, dass die S-Bahn ihre alten Züge verschrotten will. Stattdessen sollte sie – wie die Hochbahn – einige als Reserve vorhalten, um im Notfall reagieren zu können.
Wie beurteilen Sie das Krisenmanagement des Unternehmens?
Die Fahrgastinformation ist stark ausbaufähig. Es reicht nicht, zu sagen, dass es eine Störung gibt. Es sollten alternative Routen angeboten werden. Ich erkenne keinen ausreichenden Notfallplan.
Worin sollte der bestehen?
Wir brauchen ein Notfallkonzept, das den Einsatz der Zwei-System-Züge im Notfall so regelt, dass ein Teil dieser Züge auf den Fernbahngleisen zum Hauptbahnhof fahren kann.
Was empfehlen Sie noch?
Das Signalsystem sollte so ausgebaut werden, dass die S-Bahnen auf jeder Station wenden können. Wenn es Störungen gibt, steht auf großen Abschnitten alles still. Das muss nicht sein. Die SBahn könnte etwa einen Wechselverkehr einführen, Züge könnten zwischen einzelnen Stationen hin und her pendeln. Mehr Weitsicht in Richtung der Fahrgastbedürfnisse wäre wünschenswert. Das Interview führte
MIKE SCHLINK Stets das gleiche Bild: Gibt es bei der S-Bahn ein Problem, sind die Bahnsteige direkt überfüllt.