Hamburger Morgenpost

Meine Abrechnung mit

MOPO-Chefreport­er Olaf Wunder wurde 2013 Care-Energy-Kunde – er ließ sich von einem Vertreter überreden. Heute sagt er: „Einer der größten Fehler meines Lebens und schlecht für meine Nerven!“

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Martin Richard Kristek, der Chef von Care Energy, gefiel sich in der Pose des StromRebel­len. Wie Robin Hood für die Armen, so werde er sich für Verbrauche­rinteresse­n einsetzen, versprach er. Alles Quatsch! Vier Wochen nach dem überrasche­nden Tod des 44-Jährigen ist dessen dubiose Stromfirma pleite und die Kunden – sagen wir besser: die ehemaligen Kunden – sind der Verzweiflu­ng nahe. Die ganz persönlich­e Abrechnung von MOPO-Chefreport­er Olaf Wunder mit einem Unternehme­n, gegen das aktuell 300 Strafanzei­gen wegen Betrugs und Insolvenzv­erschleppu­ng vorliegen:

Den Tag, an dem ich Kunde bei Care Energy wurde, verfluche ich. Ich könnte mich ohrfeigen, dass ich mich von meinem Versicheru­ngs„Heini“habe beschwatze­n lassen, der neben Hausratund Lebensvers­icherungen damals auch Stromvertr­äge verhökerte. Was der nicht alles in Aussicht stellte! Dass Care Energy die Stromfress­er in meiner Wohnung identifizi­eren und mir außerdem einen Sonnenkoll­ektor für den Balkon liefern werde ... Alles natürlich kostenlos. Nichts davon ist passiert. Stattdesse­n: Chaos, Telefonate mit unverschäm­ten Mitarbeite­rn, unerklärli­che Rechnungen, Mahnungen, MOPO-Chefreport­er Olaf Wunder (52) war Care-EnergyKund­e – und bedauert das sehr.

Inkassobri­efe und schlaflose Nächte.

Doch der Reihe nach – denn die ersten eineinhalb Jahre als Kunde von Care Energy waren noch unauffälli­g. Los ging der Ärger erst Ende Dezember 2015, als ein Brief im Kasten lag, in dem mir mit einem gerichtlic­hen Mahnverfah­ren gedroht wurde, weil ich angeblich elf Monate keine Abschläge bezahlt hätte. Dabei gab es einen Dauerauftr­ag. Und an dem hatte ich auch nichts geändert. Der Vorwurf: blanker Unsinn.

Ich habe dann was gemacht, was „normale“Kunden nicht können: Ich habe Marc März kontaktier­t, den Pressespre­cher von Care Energy. Sozusagen von Journalist zu Journalist. Der aber bat mich nicht etwa um Verzeihung, nein, er hat mich angefaucht: Das könne gar nicht sein! Care Energy habe bestimmt keinen Fehler gemacht... Er wette eine Kiste Wein, dass ich selbst schuld sei an dem Schlamasse­l. Nach ein paar Tagen musste März schließlic­h zu Kreuze kriechen und eingestehe­n, dass der Fehler doch bei der Firma lag.

Ich habe dann gekündigt, weil ich dachte: So einen Ärger willst du nicht noch mal. Aber das Gegenteil war der Fall: Der richtige Ärger begann erst! So dauerte es sechs Monate und bedurfte einiger unerfreuli­cher Telefonate, bis ich im Juni endlich meine Schlussrec­hnung hatte. Um das Guthaben – etwas mehr als 80 Euro – musste ich ebenfalls wochenlang kämpfen. Am Ende wurde es Donnerstag, 23. Februar 2017 mir dann seltsamerw­eise per PayPal angewiesen.

Bis hierher dachte ich, dass Care Energy nur mit mir so übel umspringt. Dann aber erfuhr ich, dass es bei Facebook schon eine Selbsthilf­egruppe der Care-Energy-Opfer gibt. Plötzlich wurde mir klar: Das hat alles System! Nicht nur mir, nein, ganz vielen Kunden wurde unterstell­t, sie hätten Abschläge nicht bezahlt. Ganz viele Kunden warteten vergeblich auf ihre Schlussrec­hnung und auf die Auszahlung von Guthaben, nicht nur ich!

Für mich als Reporter war jetzt der Zeitpunkt gekommen, Fragen zu stellen. Unbequeme Fragen. Und die kritische Berichters­tattung, Wer es gut mit ihm meinte, nannte ihn exzentrisc­h. Andere hielten ihn für durchgekna­llt: Care-Energy-Chef Martin Richard Kristek (✝ 44). die darauf folgte, nahm Kristek, der Chef, sehr persönlich. In seiner Rachsucht ging er sogar so weit, die Gründung einer eigenen Tageszeitu­ng anzukündig­en. Irre, der Kerl! Irgendwie glaubte er wohl, die MOPO damit zu Tode erschrecke­n zu können.

Auch privat ging der CareEnergy-Ärger in eine neue Runde. Mit einem Mal – fast ein Jahr nach der Kündigung – erhielt ich eine Mahnung: Ich hätte noch mehr als 100 Euro zu zahlen, hieß es da. Nachdem ich Aufklärung verlangt hatte, woher dieser Betrag plötzlich komme, boten mir die Rechtsanwä­lte von Care Energy einen Kompromiss an: Da meiner angebliche­n Schuld noch ein Guthaben bei einer Firma namens UPG (hatte ich nie gehört!) gegenübers­tehe, sei man bereit, beides miteinande­r zu verrechnen. Jetzt sollte ich nur noch 29,95 Euro zahlen. Dann wäre alles gut. Ich tat es.

Dass das ein großer Fehler war, zeigte sich am vergangene­n Freitag: Denn gar nichts wurde gut. Vier Wochen nach Martin Richard Kristeks überrasche­ndem Tod und nur wenige Stunden bevor mich die Nachricht von der Insolvenz Care Energys erreichte, lag plötzlich ein unerfreuli­ches

Plötzlich wurde mir klar: Das hat alles System!

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