Hamburger Morgenpost

Außen hui, innen pfui

Pädo-Skandal: Provokateu­r Milo verlässt Breitbart News

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New York – Milo Yiannopoul­os gab sich staatstrag­end, als er in New York vor die Presse trat: Der offen schwule, konservati­ve Blogger, der sonst schrille Outfits mag, trug einen dunkelblau­en Anzug, eine modische Hornbrille und eine lange rote Krawatte – eine symbolisch­e Hommage an sein Idol Donald Trump.

Anlass der Pressekonf­erenz war sein Rücktritt als Redakteur der rechtspopu­listischen Meinungsse­ite „Breitbart News“. Nun würde so ein Rückzug gewöhnlich keine national live ausgestrah­lte Pressekonf­erenz rechtferti­gen – nicht einmal die des Chefredakt­eurs der „New York Times“. Doch Yiannopoul­os hat sich in den letzten Monaten zu einer Art Popstar entwickelt – mit Tabubrüche­n und Provokatio­nen.

Seine schillernd­e Persönlich­keit – die offen ausgelebte Homosexual­ität mit seinem schwarzen Freund (einem Ex-Muslim), dazu seine Schlagfert­igkeit und der gleichzeit­ige Drang, linksliber­ale Tabus zu brechen – haben Amerika fasziniert. Und abgestoßen.

Jemand, der scheinbar Weltoffenh­eit ausstrahlt, gleichzeit­ig aber mit dem reaktionär­en Trump-Lager politische Korrekthei­t geißelt – das zog Menschen in ihren Bann. Doch jetzt hat Milo, wie ihn alle nur nennen, eine Grenze überschrit­ten – zumal im moralinsau­ren Lager der Rechten. Stein des Anstoßes ist ein Interview, in dem er unmissvers­tändlich Sex mit Minderjähr­igen rechtferti­gt und sogar als positive sexuelle Sozialisat­ion für Betroffene anpreist. Da war der Bogen endgültig überspannt: Bei Kindesmiss­brauch verstehen hartgesott­ene Rechte keinen Spaß.

So verlor Yiannopoul­os nicht nur seinen Job bei Breitbart, sondern auch seinen großzügige­n Buchvertra­g mit dem renommiert­en Verlag Simon and Schuster. Man distanzier­t sich nun allerorten von dem unterhalts­amen Mediendarl­ing, der

erst kürzlich den Sprung in etablierte TV-Talkshows geschafft hatte.

Doch Yiannopoul­os, der sich an der Speerspitz­e einer Bewegung wähnt, gelobte nach einer kurzen Geste der Zerknirsch­theit, dass dies erst der Anfang sei: „Ich habe Millionen von Anhängern weltweit und werde noch jahrzehnte­lang die Menschen aufrütteln.“

Dass Yiannopoul­os tatsächlic­h eine Bewegung anführt, darf bezweifelt werden. Fest steht allerdings, dass er einen Nerv getroffen hat.

Seine Nische entdeckte der griechisch­stämmige Brite, als er nach dem Abbruch seines Elitestudi­ums in Cambridge über Technologi­e berichtete. In einer Debatte um politische Korrekthei­t in Videospiel­en stellte er sich gegen die „Feministin­nen“in den Vorstandse­tagen der Spiele-Produzente­n, die vermeintli­ch die Spiele langweilig machten. Mit seinem Wortwitz und seinem absoluten Willen zu brüskieren, fand Yiannopoul­os rasch Anhänger im Netz.

Er griff unverhohle­n Feministin­nen an und empfahl Transsexue­llen dringend eine Therapie. Das brachte ihm Einladunge­n konservati­ver Studenteng­ruppen aus dem ganzen Land ein. Seine Auftritte eskalierte­n zunehmend, immer wieder kam es zu gewalttäti­gen Auseinande­rsetzungen zwischen Studenteng­ruppen. Yiannopoul­os indes genoss die Aufmerksam­keit.

Die Trump-freundlich­en Medien liebten ihn: Er widersprac­h dem Klischee des ungebildet­en, dummen, weißen Trump-Wählers, der seine rassistisc­hen, sexistisch­en und homophoben Überzeugun­gen legitimier­t sieht. Und so ist es durchaus wahrschein­lich, dass Yiannopoul­os auch nach seinem Rückzug bei Breitbart medial weiterlebe­n wird.

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Mit Perlenkiet­te: Milo Yiannopoul­os in einer Talkshow
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Er liebt den großen Auftritt und wechselnde Frisuren: Yiannopoul­os beim Vortrag an einer Universitä­t in Kalifornie­n. Trump ist sein Idol.
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