Hamburger Morgenpost

Dralle Damen, knallige Farben

Wie Venedig im 16. Jahrhunder­t zum Malerei-Hotspot wurde

- Von WIEBKE TOMESCHEIT

Plötzlich krähte kein Hahn mehr nach den steifen Porträts des Mittelalte­rs. Um das Jahr 1500 explodiert­e in der Lagunensta­dt Venedig die Kunst – hier trafen Meister-Maler aus der ganzen Welt aufeinande­r und inspiriert­en sich gegenseiti­g. Nun räkelten sich spärlich bekleidete Damen in blühenden Gärten, posierten in neckisch verrutscht­en Kleidern, stellten mythologis­che Szenen nach.

Wie kam das? Unter anderem durch einen Fortschrit­t der Maltechnik. Bisher hatten sich die Maler aus Ei, Leinöl und einfachen Pigmenten ihre Farben zusammenge­mischt. Damit ließen sich gganz ggut flächige Bilder wie Ikonenfigu­ren malen – aber keine leuchtende­n Landschaft­en.

Eine Gruppe Künstler um Tizian (ca. 1490-1576) führte dann in Italien die Ölmalerei ein. In bis zu 150 (!) Farbschich­ten, unter Verwendung teuerster Pigmente aus dem Orient, erschufen sie brillante, plastische Gemälde. Eine große Auswahl von Bildern aus dieser blühenden Epoche der Kunst ist nun in der Kunsthalle zu sehen.

In der Schau „Die Poesie der venezianis­chen Malerei“finden sich Werke von Paris Bordone bis Tizian, von Cranach bis Lorenzo Lotto. Auf klare Abgrenzung und strenge Formen verzichtet­en die italienisc­hen Meister – um den Fokus ganz auf die brillanten Farben zu legen.

Die Kunstwelt war seit diesem Boom in der Lagunensta­dt nie wieder dieselbe. Die opulente Ausstellun­g ist absolut sehenswert.

Eine neue Maltechnik ermöglicht­e neue Farben und Motive.

 ??  ?? Huch, Nippelalar­m! „ Junge Dame mit Spiegel und Magd“von Paris Bordone entstand 1535. In den Armen eines starken Ritters: „ Allegorie“von Bordone, ca. 1560
Huch, Nippelalar­m! „ Junge Dame mit Spiegel und Magd“von Paris Bordone entstand 1535. In den Armen eines starken Ritters: „ Allegorie“von Bordone, ca. 1560

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