Hamburger Morgenpost

Hilferuf aus Bahrenfeld

In Innenhof sollen drei fünfgescho­ssige Häuser entstehen – Anwohner entsetzt

- Von OLAF WUNDER

„Mühlenhof“– das klingt naturnah, fast romantisch. So wird er heißen, der neue Wohnkomple­x mit rund 100 Wohnungen, der in Bahrenfeld entstehen soll, aber in der Nachbarsch­aft überhaupt keine romantisch­en Gefühle erzeugt. Im Gegenteil: Protest liegt in der Luft, nach Aufstand und Revolte ist den Menschen zumute. Sie fühlen sich von der Politik verschauke­lt.

Hamburg braucht Wohnraum. Und die Methode, Baulücken zu schließen und bestehende­n Wohnraum behutsam zu verdichten, klingt zunächst mal vernünftig. Doch der Fall „Mühlenhof“zeigt wie so viele andere derzeit in Hamburg, wohin das führen kann. Nämlich dazu, dass Menschen das Gefühl haben, sie würden eingemauer­t, ihnen würde die Luft zum Atmen genommen.

Schauplatz: das Quartier Leverkusen-, Schützen-, Stresemann- und Ruhrstraße. Mittendrin: ein Innenhof, der mit 6800 Quadratmet­ern etwa so groß ist wie ein Fußballfel­d und auf dem sich – ganz typisch für Hamburg – mehrere meist eingeschos­sige Gewerbegeb­äude befinden: Kfz-Werkstätte­n und eine Lackierere­i waren die Mieter – bis ihre Verträge ausliefen.

Der Grundeigen­tümer, die Grundstück­sverwaltun­g Behrmann, hat große Pläne: Drei fünfgescho­ssige Wohngebäud­e sollen entstehen. Seither sorgen sich Anwohner, dass ein großer Teil der

Bäume, die dem Innenhof seinen naturnahen Touch verleihen, verschwind­en werden.

Schon seit 2014 kämpft die Anwohnerin­itiative „Bahrio 68“gegen Behrmanns „Horrorplän­e“: Die 150 Mitglieder verweisen darauf, dass sie aufgrund des nahe gelegenen Gewerbegeb­iets und aufgrund des starken Autoverkeh­rs – insbesonde­re auf der Stresemann­straße – schon jetzt stark belastet sind mit Lärm, Abgasen und Feinstaub. Da sei es einfach unverhältn­ismäßig und ungerecht, den Menschen nun auch noch solche Klötze vor die Nase zu setzen.

„Unser schöner Spielplatz, unser Garten und viele der Häuser würden durch die Neubauten nachmittag­s komplett verschatte­t“, sagt Margarita Gestrich (37), die in der Schützenst­raße wohnt. „Und es gibt hier kilometerw­eit keine nennenswer­te Alternativ­e für

Naherholun­g mit Kind.“Bettina Ehrenberg, eine andere Bewohnerin, fordert einen Kompromiss, „mit dem nicht nur der Investor, sondern auch die 500 ansässigen Bewohner leben können“.

Im Gespräch mit der MOPO kritisiert Investor Rolf Behrmann (66) seine Widersache­r, nennt die Einwände von „Bahrio 68“„unsachlich“. „Die reden immer so, als handele es sich um ,ihren Hinterhof‘. Nein, es ist unserer! Ich möchte dort preiswerte­n Wohnraum schaffen – aber ich werde das nur tun, wenn das für uns wirtschaft­lich ist.“Sprich: Wenn so viele Wohnungen dabei entstehen wie irgend möglich.

Eine Zeit lang sah es so aus, als wäre die Bürgerinit­iative zum Teil erfolgreic­h. Der Planungsau­sschuss der Bezirksver­sammlung Altona legte dem Investor nahe, die Zahl der Geschosse von fünf auf vier zu reduzieren. Doch Behrmann weigerte sich, wendete sich an den Wohnungsba­ukoordinat­or, Staatsrat Matthias Kock, um mit dessen Hilfe seine Vorstellun­gen durchzuset­zen.

Und das scheint zu gelingen: Kock forderte den Bezirk Altona auf, eine Lösung zu finden. Was dabei jetzt herausgeko­mmen ist, verdient nach Über-

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So sieht das Quartier heute aus: Im Innenhof befinden sich Bäume und kleinere Gewerbegeb­äude. Das ist geplant: drei fünfgescho­ssige Gebäude mit 100 Wohnungen, davon ein Drittel Sozialwohn­ungen.
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