Angst vor dem
Jede dritte Arbeitsstelle in Gefahr! Auf einer Betriebsversammlung erfahren die „Es fehlen Schiffe und Arbeit“
Von MIKE SCHLINK und MAX WEINHOLD
Im Hafen geht die Angst um – genauer gesagt bei „Blohm + Voss“(B+V). Seit Tagen kursieren Meldungen, dass bei der Traditionswerft 300 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen – eine Betriebsversammlung bringt heute Klarheit. Fakt ist: Sollte der Rotstift angesetzt werden, ist es ein Stellenabbau mit Ansage.
Immer wieder gab es JobÄngste bei B+V – und immer wieder spielte die Übernahme durch die Bremer „Lürssen“-Gruppe eine Rolle. Bereits vor sechs Jahren wollte das Familienunternehmen Hamburgs Traditionswerft kaufen – das Vorhaben scheiterte jedoch am damaligen Eigentümer „Thyssen Krupp“. Der veräußerte lieber an einen britischen Investor. Damit war auch der „B+V“-Betriebsrat zufrieden, der im Fall einer „Lürssen“-Übernahme den Abbau Hunderter Arbeitsplätze befürchtet hatte.
Diese Furcht ist jetzt zurück. Im zweiten Anlauf haben die Bremer Schiffsbauer schließlich doch zugeschlagen – und die wirtschaftlich angeschlagenen Hamburger im September vergangenen Jahres den Briten abgekauft. „Es gab keine Mitbewerber. Wer weiß, was passiert wäre, wenn
es diesen Kauf nicht gegeben hätte“, sagt Emanuel Glass, Hamburg-Chef der Gewerkschaft IG Metall.
Aus HafenwirtschaftsKreisen heißt es, „B+V“wäre ohne die Übernahme Ende 2017 insolvent gewesen – damit hätten alle rund 1000 Beschäftigten ihre Jobs verloren. Jetzt muss offenbar „nur“ein Drittel der Belegschaft um den Arbeitsplatz zittern.
„Es kann nicht die Lösung sein, einfach 300 Beschäftigte rauszuschmeißen“, sagt Glass. Es müsse vor allem an der Unternehmensstruktur gearbeitet werden,
auch auf Führungsebene. Hafen-Insider sprechen bereits von „jahrelangem Missmanagement“. Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht: Mehrere lukrative Wartungsund Reparatur-Aufträge von Kreuzfahrtschiffen sind offenbar verloren gegangen, die Auftragsbücher entsprechend leer. Neue Aufträge der Marine hängen in der Luft – dabei ist das die Zukunft von „B+V“!
„Wir wollen die Kompetenzen und Erfahrungen im Neubau komplexer Marineschiffe nutzen, um deren Fertigung am Hamburger Standort fortzu- Taylan Temiz (36) aus Wilhelmsburg: „Ich bin seit fünf Jahren als Leiharbeiter bei ,Blohm + Voss’ und docke die Schiffe an, die auf die Werft kommen. Die Atmosphäre war immer super, Chefs und Vorarbeiter sind nett – und jetzt soll plötzlich jeder Dritte weg. Das wäre natürlich ziemlich heftig. Vor allem weil wir dachten, dass es mit der Übernahme durch ,Lürssen’ besser wird. Ich kann aber auch verstehen, dass Stellen abgebaut werden müssen: Weil einfach Schiffe und damit Arbeit fehlen, werden Miese gemacht. Jetzt warten wir alle erst mal, was die Betriebsversammlung heute ergibt.“
„Es kann nicht die Lösung sein, 300 Leute rauszuwerfen.“Emanuel Glass, IG Metall