Die Ausstellung „Shot in the Dark“zeigt die Welt aus ungewöhnlichen Perspektiven
Von TILL STOPPENHAGEN
Bilder wie in der Ausstellung „Shot in the Dark“haben Sie mit Sicherheit noch nie gesehen: Die Zentralbibliothek am Hühnerposten zeigt ab heute Aufnahmen von Fotografen, die stark sehbehindert oder blind sind. Und sich mit ganz eigenen Methoden dieses Medium zu eigen machen.
„Nicht alle drei Fotografen sind von Geburt an blind“, erklärt Mathias Knigge, Kurator der Ausstellung. „Einzig Bruce Hall hat seine Sehbehinderung von Geburt an. Er kann nur auf kurze Distanz scharf sehen, auf wenige Zentimeter.“
Für den Kalifornier Hall war daher lange Zeit die Makro-Fotografie, also die Großaufnahme auf extrem kurze Entfernung, eine Möglichkeit, die Welt wahrzunehmen. Sie entsprach seiner Gewohnheit, mit bloßem Auge ganz nah ans Objekt heranzugehen und die feinsten Details zu erkennen. Mittlerweile nimmt er auch auf größere Distanzen auf. Zum Beispiel seine beiden autistischen Söhne, die nicht sprechen können und deren Mimik er nicht erkennen kann, werden für ihn erst auf seinen Fotos sichtbar.
Sonia Soberats verlor mit Ende 50 ihr Augenlicht und konnte nicht mehr als Buchhalterin arbeiten. Die in New York lebende Venezolanerin inszeniert ihre aufwendigen Bilder gemeinsam mit einem Assistenten, der sie bei der Auswahl der Requisiten unterstützt und quasi für sie sieht. Soberats arbeitet meist mit Doppelbelichtungen und sehr langen Verschlusszeiten, während sie die Konturen ihrer Motive mit einer Taschenlampe abtastet.
Durch Abtasten erfasst auch Pete Eckert aus dem kalifornischen Sacramento seine Fotomotive. Er kämpfte fast zehn Jahre lang gegen seine fortschreitende Erblindung und orientiert sich mittlerweile mit einem Gehstock und den Echos von Schnalzlauten, die er ausstößt. Bevor er seine Hasselblad-Mittelformatkamera auslöst, hat er das genaue Bild der Szene bereits vor seinem geistigen Auge. Ob das Ergebnis so geworden ist, wie er es sich vorgestellt hat, verrät ihm dann seine Frau.
Zentralbibliothek: bis 8.3., Mo-Sa 11-19 Uhr, Hühnerposten 1. Dokufilm über die Fotografen am 7.3., 19 Uhr, Eintritt frei. Mehr Infos zum Projekt gibt’s auf der Seite www.shotinthedark-film.com Bruce Hall kann seine Söhne, hier beim Baden, nur auf seinen Fotos sehen – wenn er sich die Bilder wenige Zentimeter vors Auge hält. Sonia Soberat tastet ihre Motive oft mit einer Taschenlampe ab, während der Kameraverschluss geöffnet ist. Surreal: Ein Selbstporträt von Sonia Soberat