Eine Mutter für „Medizin-Waisen“
Warum sich die Moderatorin für Menschen mit seltenen Erkrankungen einsetzt
Berlin – Der Name „Seltene Erkrankung“täuscht: in Europa gibt es 30 Millionen Betroffene, allein in Deutschland sind es vier Millionen. Die meisten dieser etwa 8000 Krankheiten sind genetischer Natur, zumeist chronisch, voranschreitend und nicht selten lebensverkürzend. Manche von ihnen sind selbst Medizinern so fremd, dass sie erst nach einer Odyssee von Arzt zu Arzt erkannt werden - weshalb Betroffene auch „Waisen der Medizin“genannt werden.
Der heutige „Tag der Seltenen Erkrankungen“soll auf ihre Situation aufmerksam machen. Das will auch Moderatorin Andrea Ballschuh, die sich für Menschen mit seltenen Erkrankungen engagiert.
Seit diesem Jahr ist Andrea Ballschuh Botschafterin des Vereins „ACHSE“, eine Abkürzung für Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen. Für das Thema wurde sie jedoch schon viel früher sensibilisiert, nach dem Abi, als Au-pair in Los Angeles.
Dort betreute sie ein sechsjähriges Mädchen mit einem seltenen Gendefekt, dem Wolf-Hirschhorn-Syndrom. „Sophie ist schwer geistig und körperlich behindert. Mich um sie zu kümmern hat unglaublich viel Freude gemacht und mir sehr, sehr viel gegeben“, erinnert sie sich. Da waren aber auch die Probleme der
Eltern, geeignete Therapien für das Kind zu finden.
Die Zeit mit Sophie löste bei Andrea Ballschuh den Wunsch aus, einen medizinischen Beruf zu ergreifen. Letztlich schlug sie einen anderen Weg ein – wie wir wissen. Die 44-Jährige ist heute eine beliebte Moderatorin. Jetzt nutzt sie ihre Prominenz, um den „Wai- sen der Medizin“zu helfen, mehr Aufmerksamkeit auf ihre Schicksale zu lenken. Es ist ihr eine Herzensangelegenheit.
„Vor kurzem habe ich eine Frau kennengelernt, deren Tochter im Alter von vier Jahren anfing zu stolpern und ständig hinfiel. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Einschränkungen dazu. Sie konnte immer weniger“, erzählt Andrea Ballschuh. „Acht Jahre hat es gedauert, bis die Mutter die Diagnose bekam, dass das Mädchen an einer Stoffwechselstörung erkrankt ist, bei der Zellen absterben. Um dann zu erfahren, dass es keine Therapie gibt. Ihr bleibt nur, ihrem Kind beim Sterben zuzusehen.“
Als Mutter einer siebenjährigen Tochter kann Andrea Ballschuh nur zu gut nachempfinden, wie es sich anfühlen muss, von Arzt zu Arzt zu rennen, keine wirkliche Hilfe für sein Kind zu finden. Ihr Appell: „,Waisen der Medizin“sind Teil unserer Gesellschaft und brauchen Aufmerksamkeit, Forschung, Therapien und Unterstützung.“