Muss der Senat jetzt die Islamverträge kündigen?
Rathaus Heftige Debatte: Rot-Grün kritisiert Angela Merkel (CDU) – und steht selbst unter Beschuss
Von MIKE SCHLINK
Das war mal ein Rundumschlag! Die Bürgerschaft hat sich gestern in einer hitzigen Debatte mit der politischen Entwicklung in der Türkei beschäftigt – dabei ging es auch um den umstrittenen Staatsvertrag mit dem Moscheen-Verband Ditib. Die Meinungen dazu klaffen weit auseinander, in einem anderen Punkt sind sich die Fraktionen jedoch einig.
Die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel (MOPO berichtete) wird von den Bürgerschaftsabgeordneten zutiefst verurteilt. „Wir sagen Nein zu demokratiefeindlicher Hetze. Ich glaube, da sind wir uns alle in diesem Haus einig“, sagt Andreas Dressel (SPD).
Rot-Grün kritisierte Kanzlerin Merkel (CDU) zudem scharf für den laschen Umgang mit Erdogan: „Wegen des Flüchtlingsabkommens zeigt sie keine klare Haltung gegenüber dem türkischen Präsidenten“, so Anjes Tjarks (Grüne). Er forderte Hamburgs CDU auf, den „Eiertanz in der Bundespolitik“zu beenden.
Seine Worte waren jedoch eine Flucht nach vorn. CDU, FDP und AfD hatten sich zuvor auf Rot-Grün eingeschossen, weil diese noch immer an dem umstrittenen Staatsvertrag mit dem türkischen Moschee-Verband Ditib festhalten – obwohl dieser zuletzt mehrfach auffiel.
Gerade erst sorgte der mittlerweile zurückgetretene Chef der Muradiye-Moschee in Wilhelmsburg, Ishak Kocaman, mit demokratiefeindlichen Aussagen für Schlagzeilen. Nun überprüft der Verfassungsschutz die Moschee.
„Ein Vertragspartner, der sich nicht an Verträge hält, ist eine Farce“, donnerte André Trepoll (CDU). Kritisiert wurde vor allem, dass es den angekündigten Dialog zwischen Senat und Ditib offenbar nicht gibt. „Weder der Bürgermeister, noch ein Senatsmitglied haben seit dem Vertragsabschluss vor vier Jahren mit Ditib gesprochen“, sagt Katja Suding (FDP). Das letzte Treffen des SenatskanzleiChefs liege bereits Sie führten eine hitzige Debatte: die Fraktions-Chefs Andreas Dressel (SPD), Anjes Tjarks (Grüne) und André Trepoll (CDU). vier Monate zurück. „Das war offenbar so ernüchternd, dass es dazu nicht einmal ein Protokoll gibt.“
Insgesamt 13 unterschiedliche Redner äußerten sich zum Thema. CDU, FDP und AfD forderten immer wieder die Auflösung des Staatsvertrages, der mehreren Islamverbänden Sonderrechte wie Mitsprache im Religionsunterricht zugesteht, sollte sich die Ditib nicht von der türkischen Religionsbehörde lossagen.
Für einen Eklat sorgte der fraktionslose Abgeordnete Ludwig Flocken. Bereits zum zweiten Mal wurde er aus der Bürgerschaft ausgeschlossen. Nach der IslamHetze vor einigen Monaten hatte er sich dieses Mal sehr wirr über Merkel geäußert.