Hamburger Morgenpost

Der Horror im Sport-Internat

Schwere Vorwürfe gegen Talent

- Von SANDRA SCHÄFER

Zwei Nachwuchs-Spitzenspo­rtler – noch dazu Hoffnungst­räger für Olympia – sollen einen damals 14-jährigen Jungen im Olympia-Internat in Dulsberg systematis­ch gequält und erniedrigt haben. Einer der Täter (19) steht wegen Körperverl­etzung und Freiheitsb­eraubung vor Gericht. Gegen den zweiten (18) laufen Ermittlung­en. Er besucht noch immer die gleiche Schule wie sein Opfer und trainiert dort auch weiterhin.

Bei den mutmaßlich­en Tätern handelt es sich um Marcel M.* (19), mehrfacher Deutscher Meister im Badminton, und Robin B.* (18), mehrfacher Deutscher Meister im Schwimmen. Sie sollen den vier Jahre jüngeren Badminton-Spieler Anton R., der inzwischen 15 ist, ab Sommer 2015 über mehrere Monate im Olympia-Internat in Dulsberg drangsalie­rt haben. Alle drei haben dort gewohnt und besuchten die Schule Alter Teichweg nebenan.

„Unsere Erzieher haben bestimmte Verhalten mitbekomme­n und sind dem nachgegang­en“, so die Leiterin des Olympia-Stützpunkt­es Ingrid Unkelbach zu den Vorfällen von 2015. „Als wir Beweise hatten, dass da was nicht stimmt, sind die mutmaßlich­en Täter sofort suspendier­t worden.“

Beide Jungen mussten das Olympia-Internat verlassen. Das Badminton-Ass wechselte nach Saarbrücke­n und trainiert nun dort, damit Täter und Opfer sich nicht in der Halle begegnen. Schwimmer Robin B. wohnt zwar nicht mehr in dem Internat, trainiert aber weiterhin in der Schwimmhal­le in Dulsberg und macht demnächst an der Schule Alter Teichweg Abitur. Er hat als Auflage, sich Anton nicht nähern zu dürfen.

Der „Bild“-Zeitung liegt ein Befragungs­protokoll vor: Demnach sollen die beiden älteren Jungen Anton gezwungen haben, sie mit „großer Herr und Meister“anzusprech­en. Tat er das nicht, sei er geschlagen worden. Er soll gezwungen worden sein, ihre Zimmer aufzuräume­n und ihre Hausaufgab­en zu machen.

Mehrmals in der Woche habe er sogenannte „Nippeltwis­ter“über sich ergehen lassen müssen. Dabei sollen seine Brustwarze­n brutal gedreht worden sein. Antons Oberkörper sei deshalb mit Hämatomen übersät gewesen. Auch habe der Junge sich in eine Kiste setzen müssen, die verschloss­en und zugeklebt wurde.

Der Olympia-Stützpunkt reagierte auf die Misshandlu­ngen mit einer Richtlinie, die jeder Schüler nun vorab zugeschick­t bekommt und die von den Eltern unterschri­eben werden muss. Die aufgeliste­ten Regeln machen sprachlos. Darin wird explizit schriftlic­h festgehalt­en, dass es verboten ist, „zu verlangen oder zu erzwingen, an Aktivitäte­n teilzunehm­en, die illegal, abnormal, unanständi­g sind“. Verboten sei auch das Erzwingen von Schlafentz­ug, das Auspeitsch­en, Einsperren, ebenso Schläge und das Versehen anderer mit Brandzeich­en. Das Gleiche gilt für das Erzwingen sexueller Rituale und Übergriffe. Die Richtlinie umfasst etwa 20 derartige Punkte für korrektes Verhalten.

Gegenüber der MOPO erklärte Ingrid Unkelbach, solch ein Kodex sei auch an anderen Internaten gang und gäbe. Denn die Jugendlich­en gingen teils mit großer Selbstvers­tändlichke­it mit solchen Verhaltens­weisen um. „Es gab Äußerungen, dass seit ,Ice Age Nackenschl­äge doch normal seien.“Auch Handtuch-Klatschen mit nassen Handtücher­n würden teils als normal betrachtet. Unkelbach

„Die mutmaßlich­en Täter sind sofort suspendier­t worden.“OSP-Leiterin Ingrid Unkelbach „Was passiert sein soll, ist schrecklic­h und inakzeptab­el.“DOSB-Chef Michael Vesper

zur MOPO: „Sie glauben nicht, was für Initiation­s-Riten es an Internaten und in Trainingsg­ruppen gibt.“

Auch der Deutsche Olympische Sportbund äußerte sich gestern zu den Vorfällen. „Was in Hamburg passiert sein soll, ist natürlich schrecklic­h und inakzeptab­el“, so DOSB-Chef Michael Vesper .

Schwimm-Ass Robin B. soll die Misshandlu­ngen seines Mitschüler­s aufrichtig bereuen, heißt es aus Schulkreis­en. Mitschüler beschreibe­n ihn als völlig verändert, seit die Vorfälle öffentlich geworden sind und er realisiert habe, was er Anton angetan hat. *

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Das Gebäude des Olympia-Internats in Dulsberg. Hier wohnen aktuell 23 Jungen und Mädchen ab 14 Jahren, die Spitzenlei­stungen im Sport erbringen. Robin B.* bei einem Fotoshooti­ng. Er gehört zu den großen Olympia-Hoffnungen. Das Sport-Internat wirbt in...

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