So können wir uns gegen Erdogan wehren
Tourismus, Handel, Zoll-Union, Einreiseverbote: Berlin hat einige Druckmittel gegen die Türkei
Berlin/Ankara – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan spielt den starken Mann, seine Minister lassen die Muskeln spielen: Deutschland müsse „lernen sich zu benehmen“und die Türkei werde die Absage von Auftritten von AKP-Politikern in Deutschland „ohne Zögern mit allen Mitteln“erwidern, schwadronieren seine Minister. Welche Möglichkeiten hat Deutschland, Erdogan in die Schranken zu weisen?
Auf deutsche Touristen angewiesen: Zwar ist die Zahl der deutschen Türkei-Urlauber 2016 (3,8 Millionen) bereits um ein Drittel eingebrochen. Trotzdem sind die Deutschen noch immer die größte Touristengruppe. Sie sichern Arbeitsplätze und bringen Devisen ins Land. Eine durch die Bundesregierung ausgesprochene Reisewarnung für die Türkei könnte verheerende Folgen haben. Hinter den Kulissen soll dies bereits diskutiert worden sein. Und man hat An- kara darüber auch in Kenntnis gesetzt. Dass dies ein geeignetes Mittel ist, hat Russland bewiesen: Nach dem Abschuss eines russischen Jets verbot der Kreml seinen Bürgern Pauschalreisen an den Bosporus. Erdogan entschuldigte sich kleinlaut.
Handel als Druckmittel: Deutschland ist der wichtigste Handelspartner der Türkei. Zehn Prozent der türkischen Exporte gehen zu uns, die Türkei steht für Deutschland hingegen „nur“auf dem 13. Platz der wichtigsten Handelspartner. Deutschland importiert vor allem Textilien aus der Türkei (3,2 Milliarden Euro). Diese Waren ließen sich leicht aus anderen Ländern importieren. Zudem betreiben deutsche Unternehmen mehr als 6400 Tochterfirmen in der Türkei. Bisher war die Türkei ein wichtiger Brückenkopf zwischen Europa und Asien. Ist dies politisch gewollt, könnte der Iran künftig in diese Rolle hineinwachsen.
Einreiseverbote für AKP-Politiker: Deutschland könnte (vorübergehende) Einreiseverbote gegen Erdogan und seine Minister verhängen. Vertreter der Linken, der CSU und FDP-Vize Wolfgang Kubicki fordern einen solchen Schritt, SPD und CDU sind zurückhaltend. Die Visa-Erleichterungen für türkische Bürger könnten weiter auf die lange Bank geschoben werden.
Verhandlungen beenden: Die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei liegen bereits auf Eis. Man könnte sie endgültig beenden. Das würde Erdogan vielleicht nicht so stark treffen. Anders sähe es aber wohl aus, würde man die noch laufenden Verhandlungen über eine Ausweitung der Zoll-Union beenden.