Hamburger Morgenpost

Erdogan droht den Deutschen mit Aufstand

Präsident dreht im Streit um Rederecht durch, spricht von „Nazi-Praktiken“

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Ankara – Fieberhaft suchen Ankara und Berlin nach Wegen, den Konflikt zwischen den beiden Ländern zu entschärfe­n – doch Recep Tayyip Erdogan lässt sich nicht mehr bremsen: „Der Nationalso­zialismus in Deutschlan­d geht weiter“, pöbelte der türkische Präsident. Deutschlan­d, so Erdogan, habe nichts mit Demokratie zu tun. Und dann drohte er ganz unverhohle­n: „Wenn ich will, komme ich morgen. Ich komme und wenn ihr mich nicht hereinlass­t oder mich nicht sprechen lasst, dann werde ich einen Aufstand machen.“

Anlass des verbalen Amoklaufs waren die Absagen von Wahlkampf-Auftritten türkischer Spitzenpol­itiker in Deutschlan­d. Erdogan will sich per Referendum die Alleinherr­schaft sichern, die Umfragen sind wackelig – nun sollen Deutschlan­ds Türken dem Präsidente­n die Mehrheit sichern. Dass seine Helfer nicht ohne Weiteres auftreten dürfen, treibt Erdogan in immer neue Raserei über „Nazi-Praktiken“.

Die in Berlin für Empörung sorgten: „In aller wies Fraktionsc­hefSchärfe“Volker Kauder (CDU) Erdogans Wortwahl zurück, sprach von einem „unglaublic­hen und nicht akzeptable­n Vorgang“.

Doch hinter den Kulissen laufen Versuche, die Situation zu entspannen: Ministerpr­äsident Binali Yildirim telefonier­te am Sonnabend eine Stunde lang mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel. Themen waren die Auftrittsw­ünsche der Erdogan-Clique, aber auch die Inhaftieru­ng des „Welt“-Journalist­en Deniz Yücel unter „Terror“-Vorwürfen. Kommende Woche will dann Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu seinen Amtskolleg­en Sigmar Gabriel treffen. Aber auch Ankaras Chefdiplom­at könnte vorher zündeln: Am Dienstag kommt er nach Hamburg, um für Erdogan zu trommeln (s. Seite 13). Gestern schon reiste der türkische Wirtschaft­sminister Nihat Zeybekci durchs Rheinland: Am Ende waren alle Versuche, ihn an einem Auftritt sprachzu hindern,er nur ein vergeblich. Grußwort: In „IchLeverku­sen bin hergekomme­n, um Freude zu bereiten.“Doch am Abend war Zeybekci dann der Star einer Propaganda-Veranstalt­ung in einem Hotel im Zentrum von Köln. Vor 200 Anhängern verbreitet­e er wenig Freude: Der Politiker warb für den Umbau der Türkei zur Einmann-Herrschaft.

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Sprach gestern Abend in Köln: Der türkische Wirtschaft­sminister Nihat Zeybekci warb für Erdogan.

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