Marx und die Bürger von Trier
China schenkt der Geburtsstadt des Philosophen ein Denkmal – doch nicht alle sind von der riesigen Statue begeistert
In Trier tobt die Debatte um Karl Marx. Noch ist er aus Pappe, aber bald schon könnte er, in dreifacher Lebensgröße und aus Bronze, mitten in der Stadt stehen. Ein Geschenk der Volksrepublik China an die Geburtsstadt des geistigen Vaters des Kommunismus. Wir haben uns mal von Karl Marx erzählen lassen, was da los ist.
Nicht der echte Karl Marx, klar. Aber er sieht ihm schon ziemlich ähnlich, mit der silbergrauen Haarpracht und dem beeindruckenden Bart. Michael Thielen, früher Lehrer von Beruf, ist in Trier als Karl-Marx-Darsteller unterwegs, macht Touren und Lesungen. Er findet das Denkmal gut. Und nicht nur, weil es unhöflich wäre, eine solche Gabe abzulehnen.
Als der chinesische Botschafter zuletzt zu Besuch im rheinland-pfälzischen Trier war, versprach er ein Geschenk zu Karl Marx’ 200. Geburtstag. Der ist im kommenden Jahr am 5. Mai, an diesem Tag soll die Statue zu Ehren des berühmtesten Sohnes der Stadt enthüllt werden. Entworfen wurde sie von Professor Wu Weishan, einem der renommiertesten Künstler Chinas.
„Für das Jubiläumsjahr wäre dieses Denkmal eine durchaus gute Sache. Und dann auch eine Attraktion für die Touristen“, meint Michael Thielen. In diesem Punkt seien sich die meisten Bürger nach seiner Einschätzung einig. Der Platz sei gut gewählt, nahe dem römischen Stadttor, der Porta Nigra, dem Wahrzeichen von Trier. Und in Sichtachse zur Heimstätte des berühmten Philosophen. „Der Marx kann in der Höhe dann direkt auf sein altes Haus schauen“, scherzt Thielen.
Womit wir beim Hauptargument der Gegner sind, die, neben ihrer Kritik am prominenten Standort, vor allem die monumentale Größe des Denkmals bemängeln. Und man muss schon sagen: 6,30 Meter – inklusive Podest – sind beachtlich. Zu viel Beachtung für einen Kommunisten, findet so mancher Trierer Bürger. Man müsse Marx nicht so aufs Podest heben, nur weil die Chinesen das wollen.
Einen Eindruck von ihrem neuen alten Mitbürger konnten die Trierer dieser Tage schon gewinnen. Eine Attrappe aus einem Holzgestell in Originalgröße samt Schattenriss von Marx wurde am geplanten Standort, dem Simeonstiftplatz, aufgestellt. Morgen will der Stadtrat über die Annahme des Geschenks entscheiden. Michael Thielen glaubt an ein Ja. Und an einen Kompromiss: Nämlich daran, dass der chinesische Künstler den Sockel so gestalten wird, dass auch die Skeptiker sich mit der großen Statue anfreunden können.