Kann Europa jetzt aufatmen?
Wahlforscher erklärt, was das Ergebnis für Deutschland und andere Staaten bedeutet
Von JÜRGEN DREVES
Den Haag – Erleichterung in Europa: In den Niederlanden haben die Wähler Geert Wilders mit seinen Hass-Botschaften die Grenzen aufgezeigt. Seine EU- und ausländerfeindliche PVV wurde zwar zweitstärkste Partei – aber mit deutlichem Abstand hinter der VVD des amtierenden und künftigen Regierungschefs Mark Rutte. Weit entfernt vom selbst gesteckten Ziel, stärkste Partei zu werden, und ohne Chance auf Regierungsbeteiligung, weil niemand mit den Rechtsradikalen zusammenarbeiten will.
Hat das Wahlergebnis Signalwirkung für die Präsidentschaftswahl im April in Frankreich, wo EU-Hasserin Marine Le Pen bei Umfragen vorn liegt, oder auf die Bundestagswahl am 24. September? Forsa-Chef Manfred Güllner rät zur Vorsicht. „Das Wahlergebnis in den Niederlanden lässt sich nicht verallgemeinern. Es gelten in den verschiedenen Ländern Europas jeweils spezifische Bedingungen“, sagte er der MOPO. In den Niederlanden habe sich aber gezeigt, „dass eine klare Mehrheit für Europa ist. 90 Prozent des Volkes folgen nicht Wilders’ rechtsradikalen Parolen. Die AfD in Deutschland und Wilders in den Niederlanden behaupten: Wir sind das Volk. Das Wahlergebnis ist ein Beweis dafür, dass das nicht stimmt.“
Das Potenzial der Rechtsradikalen in EUStaaten wie Deutschland, Großbritannien, Frankden reich und Niederlan„bei den liege etwas mehr als zehn Prozent der Wahlberechtigten“, so Güllner. Inwieweit das ausgeschöpft werden kann, hänge von der aktuellen politischen Situation ab. Güllner: „Das Thema, mit dem rechtsradikale Parteien Zustimmung gewinnen, ist die Flüchtlingsfrage. Und die ist derzeit in den Hintergrund gerückt.“
Jedoch zeige das Beispiel Niederlande auch, wie sich rechte Parteien in Schach halten lassen. Güllner: „Man muss Parteien wie die AfD als das bezeichnen, was sie sind: rechtsradikal. Und dann eine klare Grenze ziehen. In den Niederlanden etwa haben alle bedeutenden Parteien eine Koalition mit Wilders bereits vor der Wahl kategorisch ausgeschlossen.“
Was vielen Hoffnung macht, ist die hohe Wahlbeteiligung. Wahlforscher Michael Jankowski: „Es wächst die Erkenntnis, dass es bei Wahlen auch darum geht, in welchem Staat man leben möchte.“