Hamburger Morgenpost

Bei Angie war er ganz brav

Neuer US-Präsident bereitet der Kanzlerin einen kühlen Empfang – gibt sich dann aber doch relativ zahm

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So lief Merkels Antrittsbe­such:

Washington – Besser spät als nie. Und besser miteinande­r reden als übereinand­er: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist erstmals auf den neuen US-Präsidente­n Donald Trump getroffen. Es war zumindest vor den Kulissen eine eher verkrampft­e Veranstalt­ung im Weißen Haus. Die MOPO erklärt die wichtigste­n Punkte. ➤ Die ersten Momente: Trump nahm Merkel am Hintereing­ang des Weißen Hauses in Empfang. Er wirkte ernst und angespannt. Zur Begrüßung reichte er ihr die Hand. Kein endloses Schütteln, aber auch kein herzliches Tätscheln wie noch zu Barack Obamas Zeiten. Nach wenigen Sekunden verschwind­en beide im Gebäude. Wenige Minuten später im Weißen Haus sitzen sie auf Sesseln nebeneinan­der. Die Fotografen fordern lautstark einen weiteren Handschlag zwischen den beiden. Doch es passiert nichts. Als Merkel Trump auf Englisch fragt, ob sie sich noch einmal die Hand geben wollen, tut Trump so, als hätte er sie nicht gehört, und starrt stur geradeaus. Merkel schaut einige Sekunden entgeister­t, lächelt dann aber professiow­olle

nell. Trump sagt noch: „Schickt schöne Bilder nach Deutschlan­d.“Er sitzt steif da, hält die Hände die meiste Zeit gefaltet. Die Atmosphäre bleibt eher eisig. Die Überraschu­ng: ➤ Trump eröffnet die gemeinsame Pressekonf­erenz mit einem klaren Bekenntnis zur NATO und betont, dass Deutschlan­d und die USA „Hand in Hand zusammenar­beiten werden“. Und dann setzt er zu einer Lobrede an: auf das deutsche Ausbildung­ssystem! Man sich das genauer ansehen und womöglich zusammenar­beiten. Dann erklärt er sogar, die USA müssten das Potenzial von Frauen auf dem Arbeitsmar­kt besser nutzen. Merkel war mit einer großen Wirtschaft­sdelegatio­n nach Washington gereist. Merkels stärkster Moment: ➤

An mehreren Stellen widersprac­h Merkel Trump freundlich, aber bestimmt. Beispielsw­eise als der USPräsiden­t auf die Selbstverp­flichtung der NATO-Län-

„Ich wurde abgehört. Das habe ich mit ihr gemeinsam.“Donald Trump

der zu sprechen kommt, die Rüstungsau­sgaben auf zwei Prozent des Bruttosozi­alprodukts hochzuschr­auben. Dem stimmt sie zwar zu, erklärt aber gleichzeit­ig, dass beispielsw­eise Entwicklun­gshilfe quasi als vorbeugend­e Sicherheit­spolitik ebenfalls wichtig sei. Ein Seitenhieb auf Trump, der die US-Entwicklun­gshilfe massiv kürzen will. ➤ Der lustigste Moment: Als Trump gefragt wird, ob er seine (de facto bereits widerlegte) Behauptung wiederhole­n oder konkretisi­eren würde, er sei im Wahlkampf von seinem Vorgänger im

Amt abgehört worden, antwortet er schlagfert­ig: „Ich wurde von Obama abgehört, das habe ich mit der Kanzlerin gemeinsam.“Eine Anspielung auf den Lauschangr­iff des US-Geheimdien­stes NSA auf das Handy Merkels.

➤ Fazit: Trump gab sich überrasche­nd moderat. Er verzichtet­e z. B. auf eine erneute Drohung mit Strafzölle­n. Enge Freunde werden Merkel und Trump wohl nicht, dafür sind sie zu verschiede­n. Aber der Besuch könnte die Grundlage für gute Arbeitsbez­iehungen gelegt haben.

 ??  ?? „Schicken Sie schöne Bilder nach Deutschlan­d“, hatte Trump gesagt. Die Hand wollte er Merkel vor den Fotografen im Weißen Haus aber nicht reichen.
„Schicken Sie schöne Bilder nach Deutschlan­d“, hatte Trump gesagt. Die Hand wollte er Merkel vor den Fotografen im Weißen Haus aber nicht reichen.
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 ??  ?? Kurzer Händedruck am Hintereing­ang des Weißen Hauses
Kurzer Händedruck am Hintereing­ang des Weißen Hauses
 ??  ?? Skeptische­r Blick: Merkel mit Trumps Tochter Ivanka
Skeptische­r Blick: Merkel mit Trumps Tochter Ivanka

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