So machen es andere Städte
Von Schlafplätzen in U-Bahnhöfen bis zum Bettelverbot in der Innenstadt
„Wir haben das größte Winternotprogramm Deutschlands“, rühmt man sich bei der Hamburger Sozialbehörde immer wieder gerne. Doch was wird in Hamburg wirklich für Obdachlose getan, von der Stadt und von Ehrenamtlichen? Und wie gehen andere große Städte mit den Menschen um, die auf der Straße leben? Die MOPO hat sich umgehört.
In wenigen Tagen endet das Winternotprogramm in Hamburg. 865 Betten waren zuletzt belegt, eine Auslastung von 92 Prozent. 2,5 Millionen Euro investiert die Stadt in den „Erfrierungsschutz“ zwischen November und März. Anspruch auf die Unterbringung haben allerdings nur deutsche Obdachlose und solche, die nicht als „freiwillig obdachlos“eingestuft werden. Als „freiwillig obdachlos“gelten etwa Rumänen, in deren Pässen reguläre Heimatadresse eingetragen sind. Sie bekommen kein Bett, dürfen aber in einem Wärmeraum in der Hinrichsenstraße (Borgfelde) übernachten – auf Stühlen. Das Angebot wird jedoch kaum angenommen.
Und was passiert nach dem Auslaufen des Winternotprogramms? „Hamburg verfügt über ein umfangreiches soziales Hilfesystem für wohnungslose Menschen mit zahlreichen Beratungsund Unterstützungsangeboten, das enger geknüpft ist als in vielen anderen Bundesländern und Städten“, sagt Enrico Ickler, Referent der Sozialsenatorin. Es gibt Schwerpunktpraxen für Obdachlose und zusätzliche Betten für Menschen, die an Tuberkulose erkrankt sind. Außerdem verweist die Behörde auf 1627 Obdachlose, die die Fachstellen für Wohnungsnotfälle im vergangenen Jahr in Wohnungen vermitteln konnten.
Es gibt zwölf Tagesaufenthaltsstätten, von denen fast die Hälfte allerdings von Ehrenamtlichen und ohne behördliche Unterstützung betrieben werden. Auch der Mitternachtsbus der Caritas, der jede Nacht von 20 bis 24 Uhr unterwegs ist, wird rein aus Spenden finanziert, ebenso das Arzt-
mobil, das seit Jahresbeginn an jedem Wochenende kranke Menschen auf der Straße behandelt.
Berlin
In der Hauptstadt sind circa 17000 Menschen wohnungslos – Flüchtlinge mitgezählt. Aber auch die Zahl der Obdachlosen steigt. „Wir können vielen von ihnen kein Essen und keine richtige Unterkunft bieten“, sagt Sozial-Senatorin Elke Breitenbach (Linke). Die Berliner Kältehilfe sorgt in den Wintermonaten für knapp 1000 Schlafplätze. Das ganze Jahr über können Obdachlose in U-Bahnhöfen übernachten.
Frankfurt
Viele Obdachlose leben in S- und UBahntunneln oder auf Schrottplätzen. Anfang Februar starb ein Obdachloser, als er von einer Bahn erfasst wurde. Dabei mangelt es laut Manuela Skotnik, Sprecher des Sozialdezernats, nicht an Möglichkeiten: „Wir beobachten regelmäßig, dass Plätze in vielen unserer Unterkünften frei bleiben.“In den Wintermonaten bleiben zudem U- und SBahnhöfe offen.
Köln
Die Stadt gilt als Obdachlosen-Hochburg in Nordrhein-Westfalen. Laut Dirk Schuhmacher, Leiter der Fachstelle Wohnen, leben nur 200 Menschen tatsächlich auf der Straße. Ein deutlich größeres Problem: Streitigkeiten zwischen deutschen und ausländischen Obdachlosen. Ende 2016 wurde ein Mann niedergestochen und angezündet – mutmaßlich ermordet von einem anderen Obdachlosen.
München
In keiner anderen deutschen Großstadt sieht man so wenig Elend wie hier. Betteln ist in der City seit drei Jahren verboten. Seit 2008 habe sich die Zahl der Obdachlosen jedoch auf knapp 6000 verdoppelt, so ein Sprecher des Sozialreferats, davon lebten 500 auf der Straße. Für Wohnungslosenhilfe zahlt die Stadt jährlich circa 35 Millionen Euro.