Beim Geigen blüht Oday (14) auf
Tanzen, singen, trommeln: Hamburger Schüler und junge Flüchtlinge proben zusammen für das Festival „Big Bang“auf Kampnagel
Friends!“, sagt der 14-jährige Oday aus Syrien auf die Frage, ob er schon viele seiner Mitmusiker kennengelernt habe. „Friends, oh yes!“Hat er, und das freut ihn sichtlich. Deutsch fällt ihm noch ein wenig schwer, obwohl er sich sichtlich bemüht, zu verstehen und zu sprechen. Englisch geht noch etwas besser. Oday ist erst seit fünf Monaten in Deutschland. Er geht aber bereits hier zur Schule.
Eine Woche der Ferien verbringt er allerdings in der Musikschule am Mittelweg, wo er mit rund 50 anderen Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren täglich fünf Stunden übt. Die Gruppe musiziert gemeinsam, um am 25. März auf der großen Kampnagel-Bühne im Rahmen des „Big Bang“-Festivals das Stück „Nomad – Music Is My Country“vorzuführen.
Daran arbeiten Hamburger Schüler zusammen mit geflüchteten Jugendlichen, unter der Leitung von Rica Blunck (52) von der Organisation „Melting Pop“und dem Leiter der Jugendmusikschule, Winfried Stegmann (55). Die Musikschule engagiert sich schon lange intensiv in den Hamburger Erstaufnahme-Einrichtungen. Mit mehr als 600 Kindern arbeitet sie dort vor Ort.
Dort sprachen die Musiklehrer auch die Jugendlichen an, ob sie Lust hätten, beim „Big Bang“-Festival dabei zu sein. „Es ist für viele das erste Mal seit langer Zeit, dass sie einen strukturierten Tagesablauf haben“, sagt Rica Blunck. „Sie blühen richtig auf.“Winfried Stegmann erklärt: „Hier sind die Jugendlichen absolut integriert. Alle haben ein Ziel, jeder will etwas dazu beitragen.“
Mehr als die Hälfte der Teilnehmer hatte vorab keinerlei musikalische Ausbildung. Nach nur fünf Tagen spielt eine Gruppe bereits sicher erste Töne auf der Geige, andere singen, trommeln oder tanzen. Das Stück „Nomad“führt die Zuschauer musikalisch und tänzerisch erst durch die Wüste, dann durchs Wasser, danach in die geschäftige Stadt.
„Es ist eine gleichberechtigte Zusammenarbeit, da bilden sich keine Grüppchen“, freut sich Stegmann. „Durch das Medium Musik ist eine eventuelle Sprachbarriere auch nicht so hinderlich“,
Nicht nur Oday findet übrigens, dass die Chemie zwischen den „alten“und „neuen“Hamburgern stimmt: „Einen der Geflüchteten kenne ich sogar von meiner Schule“sagt die 14jährige Gymnasiastin Andinia, die bei „Nomad“Teil der Tanzgruppe ist. „Man lernt sich hier natürlich kennen und hat sich untereinander echt schon angefreundet.“Und die beiden Trompetenspieler Len (15) und Leo (16) finden: „Die Kommunikation läuft super. Viele sind schon über ein Jahr hier und sprechen super Deutsch.“
Oday hatte bisher nie Musikunterricht. „Geige habe ich hier gelernt“, sagt er stolz. „Das macht Spaß!“Die Musikschule würde sich freuen, einige der Teilnehmer in reguläre Kurse aufzunehmen. Vielleicht ist Oday ja dabei.
„Alle haben ein Ziel und jeder will etwas dazu beitragen.“Wilfried Stegmann (55)
Kampnagel: 25.3., 17.30 Uhr, Jarrestraße 20, Eintritt frei