Wir coachen für den Knast
Von SEBASTIAN MOLL
New York – John Fuller greift seinem Kunden brutal in den Arm, steht auf, schaut ihm in die Augen und fängt an, ihn anzubrüllen „Hat dir wer erlaubt, den Kuli zu greifen?“, donnert es durch Fullers Büro.
Die Szene ist Teil einer Trainingseinheit, Fullers Klient, ein bleicher fülliger Mann um die 50, steht kurz davor, wegen Korruptionsvorwürfen für fünf Jahre hinter Gitter zu wandern. „Im Knast werden Leute dafür zusammengeschlagen, ungefragt über den Tisch zu greifen und sich das Salz zu nehmen“, erklärt Fuller seinem zitternden Gegenüber.
Fuller unterhält mit seinem Partner Steve Oberfest in New York eine Beratungsfirma namens Prison Coach. Ihre Mission ist es, Leute auf den Knastaufenthalt vorzubereiten.
Zielgruppe von Fuller und Oberfest sind Kunden wie der anonyme Klient, der zu ihnen gekommen ist – die rasant wachsende Zahl so genannter „white collar criminals“: Angehörige der gut verdienenden Mittelund Oberschicht, die Steuern hinterzogen, illegale Aktiengeschäfte betrieben oder Politiker geschmiert haben. „Diese Leute haben keine Ahnung, was auf sie zukommt.“
Fuller und Oberfest hingegen wissen genau, was hinter den Mauern der US-Gefängnisse vor sich geht. Fuller saß zehn Jahre wegen Dokumentenfälschung und Kokainhandels, sein Partner hat 15 Monate wegen Betrugs abgerissen. „Wir wissen, wie es da drin aussieht, wie es riecht, wie es sich anfühlt und wie die Regeln sind.“
Fuller und Oberfest gehören zu den prominentesten KnastBeratern in den USA, doch sie haben mitnichten ein Monopol. Das Prison-Consulting ist ein Boom-Sektor in dem Land,