So quälten mich die Nazis
Sie wurde zwangssterilisiert und kämpfte ein Leben lang für die Opfer der NS-Psychiatrie
Sie wurde ruhiggestellt, gequält und zwangssterilisiert: Was Dorothea Buck als psychisch Erkrankte während der NS-Zeit erlebte, ist ungeheuerlich. Aber sie ließ sich nicht unterkriegen. Statt aufzugeben, kämpft sie seither für Veränderungen in der Psychiatrie – und ist damit ein beeindruckendes Vorbild. Am Mittwoch wird sie 100 Jahre alt.
Als 19-Jährige wurde Dorothea Buck in die Psychiatrie eingewiesen. Sie hatte sich unglücklich in einen verheirateten Chorleiter verliebt. Damit begann ihre Erkrankung, wie sie 1990 in ihrem Erlebnisbericht „Auf der Spur Morgensterns. Psychose als Selbstfindung“schreibt.
Die Diagnose des Psychiaters: Schizophrenie. Damit galt sie im NS-Regime als minderwertig. Das zeigte sich auch in ihrer „Behandlung“. Niemals wurde sie nach den Gründen für ihre Erkrankung gefragt. Stattdessen wurde sie isoliert und mit Betäubungsmitteln ruhiggestellt. Oder man band sie stundenlang fest in nasse kalte Betttücher ein. Dass sie auch noch zwangssterilisiert wurde, hat man ihr lange Zeit nicht einmal gesagt.
„Dorothea Buck ist vielleicht die letzte Überlebende von ,Euthanasie’ und Zwangssterilisation in der NS-Zeit“, sagt die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs. 400000 Menschen wurden während der NS-Zeit zwangssterilisiert. Die meisten davon waren psychisch krank oder geistig behindert.
Mit der Diagnose brach für die junge Frau eine Welt zusammen. Kinder, Ehe, Schulbildung oder der Job als Kindergärtnerin – alles wurde ihr verboten. Vier psychotische Schübe folgten. Sie dachte sogar an Selbstmord. Doch Dorothea Buck ließ sich nicht unterkriegen. Sie wollte etwas verändern.
Als sie ihre Krankheit im Laufe der Zeit verstand, so Buck, war sie geheilt. 1960 zog sie nach Hamburg. Dort arbeitete sie lange Zeit als Bildhauerin und Autorin. Sie begann für die Rehabilitierung von Opfern der „Euthanasie“und Zwangssterilisation zu kämpfen und setzte sich für einen besseren Umgang mit psychisch erkrankten Patienten ein. Seit 1989 wirbt sie für den sogenannten Trialog – einen Erfahrungsaustausch zwischen Betroffenen, Angehörigen und Fachleuten. Zusammen mit Angehörigen gründete sie den Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten sowie den Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener, des-