Der Gipfel der Sportchef-Freunde
Klartext vor dem Spiel! HSV-Macher Jens Todt und Köln-Manager Jörg Schmadtke im großen MOPO-Doppel-Interview
Sollte es heute Zoff geben, dann werden sie vermitteln. Der HSV gegen den 1. FC Köln, das ist auch das Duell der Sportchefs Jens Todt (47) und Jörg Schmadtke (53). Zwei Männer, die einst gemeinsam für den SC Freiburg kickten und seit mehr als 20 Jahren befreundet sind. Vor dem heutigen Schlagabtausch traf die MOPO die beiden Macher in Düsseldorf zum großen Sportchef-Gipfel.
MOPO: Herr Todt, Ihr Kollege hat kürzlich ein Angebot aus China für Torjäger Anthony Modeste abgelehnt, das jenseits der 50-Millionen-Euro-Grenze lag. Wäre sowas beim HSV auch vorstellbar??
Jens Todt: Klingt schwer vermittelbar (lacht). Aber wir wollen dahin kommen, künftig solche Angebote auch ablehnen zu können. Das ist ein Ziel. Herr Schmadtke, wie schwer fiel es denn?
Jörg Schmadtke: Wir mussten schon genau überlegen. Es ist nicht so, dass du sagst: „Ach, guck mal, das lehnen wir jetzt mal ab.“Aber am Ende stehen für den 1. FC Köln und uns als Verantwortliche Seriosität, Glaubwürdigkeit und Vertrauen, das du aufgebaut hast, auf dem Spiel. Alle Gremien waren sich einig. Aber natürlich ist es nicht dauerhaft möglich, solche Angebote ablehnen
zu können. Das war ein Glücksfall. Am Ende kennzeichnet das auch den derzeitigen Unterschied zwischen dem HSV und dem FC. Was kann sich der HSV abschauen?
Todt: Jörg hat es geschafft, den ganzen Verein zu beruhigen, das ist meine Wahrnehmung. Das erhöht dann die Wahrscheinlichkeit, Erfolg zu haben. Unterm Strich ist Köln ein Medienstandort wie Hamburg. Man siehst: Ruhe hilft immer. Schmadtke: Wobei man auch sagen muss, dass wir das Glück hatten, in den vergangenen
Jahren kaum eine Krise zu haben. Wir waren erfreulicherweise nie in einer Lage, die der HSV mehrfach durchleben musste.
Todt: Dennoch hilft es, Ruhe vorzuleben. Ich nehme wahr, dass alles, was beim HSV passiert, von großem Interesse in der Stadt ist. Aber das darf dich nicht stressen. Auch wir versuchen, uns von diesen Aufgeregtheiten zu lösen. Zurzeit funktioniert das ganz gut. Sie beide leben Gelassenheit vor. Ein Relikt aus Freiburger Zeiten? Todt: Ich denke schon. Die Zeit dort hat mich auf den Fußball bezogen total geprägt und sozialisiert. Es war da bei uns einfach deutlich unaufgeregter als woanders. Das ist es, was ich nun versuche mitzunehmen.
Schmadtke: Wobei das damals echt noch andere Zeiten waren. Freiburg war schon speziell. Manche Spieler haben bei uns vier Tage zur Probe mittrainiert, das hat gar keiner mitbekommen. Aber sobald in Köln einer die Stadtgrenze passiert, weiß das jeder.
Todt: Trotzdem glaube ich, dass etwas wie in Freiburg überall machbar ist.
Schmadtke: Absolut. Am Ende haben wir es ja in der Hand. Wir sind die Taktgeber! Die Öffentlichkeit darf deine Entscheidungen nicht beeinflussen.
Wenn man das schafft, ist es nach meiner Überzeugung der richtige Weg. Ihr Trainer Peter Stöger ist länger im Amt als jeder andere in Köln, seit es die Bundesliga gibt.
Schmadtke: Jeder weiß, dass Kontinuität der Schlüssel zum Erfolg ist. Aber du musst es auch durchziehen. Letztlich darf es für deine Entscheidung nicht entscheidend sein, ob der Ball vom Pfosten rein oder raus springt. Davon musst du dich lösen
Todt: Sehe ich genauso. Wenn eine Leistungssteigerung erkennbar ist, ist das manchmal höher zu bewerten als ein Ergebnis. Ruhe ist das eine, Geld das andere. Haben es Vereine wie Leipzig oder Wolfsburg grundsätzlich leichter, weil Sie stets aus dem Vollen schöpfen können? Todt: Sagen wir es mal so: Jeder würde sich wünschen, keine Limits zu haben. Das vereinfacht vieles. Schmadtke: Ich wusste gar
nicht, dass ihr Limits habt … Von außen betrachtet, entsteht der Eindruck: Wenn der HSV Transfers tätigen will, springt am Ende Klaus-Michael Kühne mit seinen Millionen ein.
Todt: Der Eindruck täuscht sehr! Wir müssen definitiv sparen. Trotz Herrn Kühne. Auch in Sachen Transfers ist Köln gerade im Vorteil. Der FC kann schon für den Sommer planen, der HSV noch nicht. Todt: Stimmt, wir müssen zweigleisig planen. Das ist kompliziert. Aber wissen Sie was? Dass wir das nach zwei Punkten aus den ersten zehn Spielen noch können, ist doch schon mal gut. Außerdem geht es sehr vielen anderen Klubs auch so.
Schmadtke: Wir können zwar planen, wissen aber auch noch nicht, ob wir in die Europa League kommen. Das gilt es auch zu beachten. Auf dem Transfermarkt sind Sie Konkurrenten, heute ebenfalls. Was auffällt: Sie beide sitzen während der Partien Ihrer Mannschaften auf der Bank. Warum fühlen Sie sich dort wohler als auf der Tribüne? Todt: Ich brauche einfach diese Nähe zur Mannschaft. Ich möchte aus nächster Nähe spüren, was los ist. Es geht um kleine Signale: Wie geht die Bank mit? Ich will das erleben! Schmadtke: Geht mir auch so. Dazu kommt: Wenn du auf der Tribüne sitzt und holst dir in der Pause einen Kaffee, musst du allen möglichen Leuten erklären, warum es gerade so und so läuft. Da habe ich echt keine Lust zu.
Todt: Auch das ist ein wichtiger Punkt (lacht). Wer holt sich heute den Dreier? Todt: Wir müssen! Und wir brauchen ihn dringender als Köln.
Schmadtke: Wieso das denn? Todt: Aufgrund unserer Situation. Ist doch definitiv so.
„Der HSV hätte mich schon gereizt. Mit Köln hat es gepasst.“FC-Sportchef Jörg Schmadtke
„Wir müssen definitiv sparen. Trotz Herrn Kühne.“HSV-Sportchef Jens Todt
Schmadtke: Als ob wir keine Ziele mehr hätten. Allerdings deutlich angenehmere als der HSV, der gegen den Abstieg kämpft. Herr Schmadtke, was spricht für den HSV? Schmadtke: Sie haben im Winter richtig gute Transfers gemacht. Mavraj und Papadopoulos sorgen für Stabilität. Vielleicht auch Walace. Diese Stabilität hat dem HSV lange gefehlt. Deshalb stehen sie jetzt besser da. 2013 wären Sie beinahe selbst beim HSV gelandet, ehe sich der Verein für Oliver Kreuzer als Sportchef entschied. Konnten Sie die Entscheidung damals verstehen?
Schmadtke: Ja, konnte ich. Aber die Begründung damals war schon erstaunlich. Da gab es Aufsichtsräte, die meinen Auftritt als abenteuerlich bezeichneten. Aber ich erinnere mich gut: In dem Moment, als ich den Raum betrat, wusste ich, dass es Probleme gibt. Nach zehn Minuten dachte ich: Schade, dass du hergekommen bist. Aber das gehört dazu. Es hätte mich schon gereizt. Danach mit Köln hat es dann gepasst. Und der HSV ist ja jetzt bei Jens in guten Händen. Bevor Sie die Klingen kreuzen: Herr Todt, Köln im Europacup, das wäre … Todt: …ein großartiger Erfolg für alle Beteiligten. Das wäre klasse.
Und die Bundesliga ohne den HSV … Schmadtke: …wäre um den Dino ärmer. Das wäre sehr schade. Ich mag die Stadt, das Stadion ist fantastisch! Und mittlerweile mag ich auch die Leute beim HSV.