Macht-Demonstration auf dem Friedhof
Ohlsdorf: Mehr als 800 Rocker versammeln sich vor dem weißen Sarg des Hamburger Hells-Angels-Gründers Mario Amtmann
„Mario“prangt in knallroten Lettern auf dem weißen Sarg, getragen wird er von muskelbepackten Kerlen, und zum Abschied lassen Dutzende Harley-Fahrer ihre Maschinen aufheulen: Rocker-Trauerfeier auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Die Hells Angels nahmen gestern Abschied von Mario Amtmann (t65), einem ihrer früheren Hamburger Chefs – und nutzten den Anlass auch zu einer Machtdemonstration.
Schon zwei Stunden vor Beginn der Trauerfeier ist der Vorplatz der Kurt-Schumacher-Halle gesäumt von schweren Maschinen aus ganz Deutschland. Im Minutentakt treffen weitere Motorräder ein. Auf einigen prangen Slogans wie „Criminal“oder „ Hexe“. Die Fahrer sind nicht weniger verwegen. Es gibt viele Gesichtstattoos, „Outlaw“ist da zu lesen. Und „Alles doof “. „Django“, der „Pressesprecher“der Hells Angels, tritt auf und bittet Presse und Fernsehen nachdrücklich um gebührenden Abstand zur Trauergemeinde. Denn die hat es in sich. Ober-Hells-Angel Frank Hanebuth ist aus Hannover angereist. Ex-Kiez-König Carsten Marek hatte es nicht so weit. Er kam aus seinem Bordell an der Süderstraße. Auch dabei: „Eddy“Kante, der ehemalige Leibwächter von Udo Lindenberg. Er sagt: „Mario hat die Hells Angels in Hamburg mitgegründet. Er hat alles erst zum Laufen gebracht. Und den Mann hawir ben jetzt nicht mehr.“Dieser Aufstieg der Hells Angels in Hamburg war eng verbunden mit Gewaltverbrechen, Erpressungen und Drogenhandel.
Der Kiezianer „Kalle“Schwensen ist natürlich auch vor Ort und mit ihm Höllenengel aus ganz Deutschland.
Punkt 13 Uhr beginnt die Feier. Der Sarg ist flankiert von Porträts des Toten. Blumenbouquets in Rot-Weiß – den „Vereinsfarben“der Hells Angels – stehen daneben. „Angels forever“von Lana Del Rey ertönt.
Dann spricht der ehemalige „Rockerpastor“Wolfgang Weißbach. Er sagt, dass Mario Amtmann ein Leben gelebt habe, das auch für drei Menschen gereicht hätte. Nach „It’s All Over Now Baby Blue“spricht Alt-Rocker „Pelle“, schildert Amtmanns Leben („20 Jahre Knast...“) und schildert ihn als „Draufgänger“, dessen wildes Leben viel zu kurz gewesen sei.
Die Trauerhalle ist überfüllt. Viele der 800 Besucher stehen draußen. Auch die Polizei ist vor Ort, hält sich aber zurück. Lediglich Fahnder der „SoKo Rocker“gehen näher ran und nehmen den RockerTreff per Video auf.
Trauergäste anderer Beerdigungen blicken verstört auf die Gemeinde der anderen Art. Ein Frau zeigt auf den weißen Leichenwagen mit den rot-weißen Fähnchen und fragt: „Hat das hier irgendwas mit Dänemark zu tun?“
Kurz vor 14 Uhr wird der Sarg zu „I Dit It My Way“aus der Halle getragen. Beifall brandet auf. Der Leichenwagen fährt davon, die Beerdigung ist auf Wunsch der Familie in Schleswig-Holstein. Unter ohrenbetäubendem Geknatter setzen sich die Motorräder in Bewegung und donnern vom Friedhof.
Zum Abschied wurde Frank Sinatras „I Dit It My Way“gespielt.