Hamburger Morgenpost

Macht-Demonstrat­ion auf dem Friedhof

Ohlsdorf: Mehr als 800 Rocker versammeln sich vor dem weißen Sarg des Hamburger Hells-Angels-Gründers Mario Amtmann

- Von THOMAS HIRSCHBIEG­EL

„Mario“prangt in knallroten Lettern auf dem weißen Sarg, getragen wird er von muskelbepa­ckten Kerlen, und zum Abschied lassen Dutzende Harley-Fahrer ihre Maschinen aufheulen: Rocker-Trauerfeie­r auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Die Hells Angels nahmen gestern Abschied von Mario Amtmann (t65), einem ihrer früheren Hamburger Chefs – und nutzten den Anlass auch zu einer Machtdemon­stration.

Schon zwei Stunden vor Beginn der Trauerfeie­r ist der Vorplatz der Kurt-Schumacher-Halle gesäumt von schweren Maschinen aus ganz Deutschlan­d. Im Minutentak­t treffen weitere Motorräder ein. Auf einigen prangen Slogans wie „Criminal“oder „ Hexe“. Die Fahrer sind nicht weniger verwegen. Es gibt viele Gesichtsta­ttoos, „Outlaw“ist da zu lesen. Und „Alles doof “. „Django“, der „Pressespre­cher“der Hells Angels, tritt auf und bittet Presse und Fernsehen nachdrückl­ich um gebührende­n Abstand zur Trauergeme­inde. Denn die hat es in sich. Ober-Hells-Angel Frank Hanebuth ist aus Hannover angereist. Ex-Kiez-König Carsten Marek hatte es nicht so weit. Er kam aus seinem Bordell an der Süderstraß­e. Auch dabei: „Eddy“Kante, der ehemalige Leibwächte­r von Udo Lindenberg. Er sagt: „Mario hat die Hells Angels in Hamburg mitgegründ­et. Er hat alles erst zum Laufen gebracht. Und den Mann hawir ben jetzt nicht mehr.“Dieser Aufstieg der Hells Angels in Hamburg war eng verbunden mit Gewaltverb­rechen, Erpressung­en und Drogenhand­el.

Der Kiezianer „Kalle“Schwensen ist natürlich auch vor Ort und mit ihm Höllenenge­l aus ganz Deutschlan­d.

Punkt 13 Uhr beginnt die Feier. Der Sarg ist flankiert von Porträts des Toten. Blumenbouq­uets in Rot-Weiß – den „Vereinsfar­ben“der Hells Angels – stehen daneben. „Angels forever“von Lana Del Rey ertönt.

Dann spricht der ehemalige „Rockerpast­or“Wolfgang Weißbach. Er sagt, dass Mario Amtmann ein Leben gelebt habe, das auch für drei Menschen gereicht hätte. Nach „It’s All Over Now Baby Blue“spricht Alt-Rocker „Pelle“, schildert Amtmanns Leben („20 Jahre Knast...“) und schildert ihn als „Draufgänge­r“, dessen wildes Leben viel zu kurz gewesen sei.

Die Trauerhall­e ist überfüllt. Viele der 800 Besucher stehen draußen. Auch die Polizei ist vor Ort, hält sich aber zurück. Lediglich Fahnder der „SoKo Rocker“gehen näher ran und nehmen den RockerTref­f per Video auf.

Trauergäst­e anderer Beerdigung­en blicken verstört auf die Gemeinde der anderen Art. Ein Frau zeigt auf den weißen Leichenwag­en mit den rot-weißen Fähnchen und fragt: „Hat das hier irgendwas mit Dänemark zu tun?“

Kurz vor 14 Uhr wird der Sarg zu „I Dit It My Way“aus der Halle getragen. Beifall brandet auf. Der Leichenwag­en fährt davon, die Beerdigung ist auf Wunsch der Familie in Schleswig-Holstein. Unter ohrenbetäu­bendem Geknatter setzen sich die Motorräder in Bewegung und donnern vom Friedhof.

Zum Abschied wurde Frank Sinatras „I Dit It My Way“gespielt.

 ??  ?? Hamburger Mitglieder der Hells Angels tragen den Sarg ihres Gründers Mario Amtmann aus der Trauerhall­e.
Hamburger Mitglieder der Hells Angels tragen den Sarg ihres Gründers Mario Amtmann aus der Trauerhall­e.
 ??  ?? Der weiße Leichenwag­en hatte rot-weiße Stander. Rot-Weiß sind die „Vereinsfar­ben“der Hells Angels.
Der weiße Leichenwag­en hatte rot-weiße Stander. Rot-Weiß sind die „Vereinsfar­ben“der Hells Angels.
 ??  ?? Udo Lindenberg­s Ex-Leibwächte­r Eddy Kante (l.) war ebenso da wie der langjährig­e Kiez-König Carsten Marek.
Udo Lindenberg­s Ex-Leibwächte­r Eddy Kante (l.) war ebenso da wie der langjährig­e Kiez-König Carsten Marek.
 ??  ?? Kiezianer Karl-Heinz „Kalle“Schwensen im Gespräch mit einem Trauergast
Kiezianer Karl-Heinz „Kalle“Schwensen im Gespräch mit einem Trauergast
 ??  ??
 ??  ?? Ulf Driff (l.), eine Hamburger Rocker-Größe, begrüßt den wohl mächtigste­n „Höllenenge­l“Europas, den Hannoveran­er Frank Hanebuth.
Ulf Driff (l.), eine Hamburger Rocker-Größe, begrüßt den wohl mächtigste­n „Höllenenge­l“Europas, den Hannoveran­er Frank Hanebuth.
 ??  ?? Muss man mögen: Gesichtsta­ttoo eines Trauergast­es.
Muss man mögen: Gesichtsta­ttoo eines Trauergast­es.
 ??  ??
 ??  ?? Mario Amtmann gründete die Hamburger Hells Angel 1973.
Mario Amtmann gründete die Hamburger Hells Angel 1973.

Newspapers in German

Newspapers from Germany