Aus nach 98 Jahren: Rettkowsky schließt!
St. Pauli Das Modellbau-Geschäft am Paulinenplatz macht dicht
Von THOMAS HIRSCHBIEGEL
Mit Schiffsmodellen, Autos, Panzern oder Soldaten von „Modellbau Rettkowsky“auf dem Kiez sind Generationen Hamburger Buttjes groß geworden. Jetzt schließt der Laden – zwei Jahre vorm 100-jährigen Jubiläum.
„Ich hab immer gesagt, wenn ich Geld reinbuttern muss, mach ich zu – und das war im vergangenen Monat der Fall“, so Inhaber Jonny Kliesch (55). 1919 hatte die Familie Rettkowsky den ersten Laden an der Wohlwillstraße eröffnet. 1955 übernahm Heinz Rettkowsky, 1992 zog das Geschäft an den Paulinenplatz.
„Ich war schon als kleiner Junge Modellbau-Fan. Damals habe ich mir geschworen: Irgendwann besitze ich mal so einen Laden“, sagt Kliesch. 1993 – der gelernte Automechaniker Kliesch war gerade arbeitslos – machte Rettkowsky ihm das Angebot, bei ihm anzufangen. Der Traum wurde wahr.
Zehn Jahre später starb Rettkowsky mit 76 Jahren, und Kliesch kaufte Laden und Grundstück. Es gelang ihm, die besondere Atmosphäre des einmaligen Geschäfts zu erhalten: Von der Decke baumelt der Zeppelin „Hindenburg“, in den Regalen warten herrliche Modelle historischer Ferrari auf Käufer. Und in einer Vitrine stehen, Im dem kleinen Laden am Paulinenplatz sind tausende Modelle zu bestaunen – vom japanischen Jagdflugzeug des Zweiten Weltkriegs bis zu historischen Rennautos (r.). fein aufgereiht, Schlachtschiffe des Zweiten Weltkriegs.
Jeder Kunde wird individuell beraten, viele blieben „Rettkowsky“jahrzehntelang treu. Doch immer mehr Modellbau-Fans kaufen heute im Internet. Und selbst Online-Händler werden, das wollte Kliesch nicht: „Ich habe den Laden geliebt, weil ich den Kundenkontakt mag. Beim E-Commerce packst du doch den ganzen Tag nur Pakete. Das wollte ich nicht.“
Jetzt startet Johnny Kliesch am 2. Mai einen großen Ausverkauf. Am 30. Juni ist endgültig Schluss. Dann steht das Grundstück zum Verkauf. Investoren stehen schon jetzt Schlange.