Der Überall-Obama
Ex-Präsident kommt als Privatier einfach nicht zur Ruhe. Alle zerren an ihm rum
New York – Barack Obama tat sein Bestes, um inkognito zu bleiben, als er kürzlich gemeinsam mit seiner Tochter Malia in New York einen Theaterabend verbringen wollte. Sie schlichen sich in das Auditorium, als die Lichter des Saales erloschen waren, und versuchten zu entkommen, bevor der Applaus verebbt war. Doch es nützte nichts: Vor dem Schauspielhaus warteten bereits die Paparazzi, weil ein Sitznachbar die Obamas erkannt hatte und dies per Twitter der Welt mitteilte.
Der Vorfall ist kennzeichnend für das Leben Obamas nach dem Weißen Haus. Der Ex-Präsident, der mit jedem Tag von Donald Trumps Amtszeit beliebter zu werden scheint, will nach mehr als zehn Jahren im Rampenlicht zumindest eine Weile lang seine Ruhe genießen.
Dazu gehörte auch der Urlaub jüngst im Südpazifik. Doch blieb man ihm hier ebenfalls dicht auf den Fersen: So wurde er vor der nahe Tahiti gelegenen Insel Moorea an Bord einer Yacht und beim Baden gesehen. Ehefrau Michelle konnte unterdessen in einer Bucht beim Stand-upPaddling fotografiert werden.
Das sind dann Schlagzeilen: Als Obama im März in den Südpazifik flog, buchte er sich zuerst in einem Luxusresort auf dem Atoll Tetiaroa ein, das früher Hollywood-Star Marlon Brando gehörte. Der 55-Jährige soll dort eine Villa gemietet haben – für 9000 Euro pro Tag. Man vermutet, dass er an seinen Memoiren schreiben wollte.
Die „Financial Times“wusste jedenfalls, dass das Verlagshaus Penguin Random House ihm und seiner Frau für ein Memoiren-Doppelpack fast 57 Millionen Euro geboten hat.
Irgendwie soll Obama seine Übergangszeit als Privatier nicht so recht genießen dürfen. Am brutalsten hat sicherlich Trump seinen Vorgänger wieder auf die Bühne gedrängt, als er Obama beschuldigte, ihn abgehört zu haben. Der aber blieb cool, ließ ein knappes Dementi veröffentlichen.
Doch es sind nicht nur Trump und die konservative Rechte, die Obama aus der Reserve locken wollen. Auch die Linke würde den Ex lieber wieder auf der politischen Bühne sehen. So beschwerte sich Charles Chamberlain, der Direktor der linken Widerstandsorganisation „Democracy for America“, dass Obama sich doch bitte „dem Kampf gegen Trump anschließen“oder aus dem Weg gehen solle.
Doch Obama tut weder das eine noch das andere so richtig. Er möchte nicht als Galionsfigur der Protestbewegung gegen seinen Nachfolger dienen. Ganz aus dem politischen Leben zieht er sich allerdings auch nicht zurück. So herrscht in seinem Washingtoner Büro seit Wochen reger Betrieb. Sein Büro ist zwar sorgsam darauf bedacht, den ehernen Code von Ex-Präsidenten zu ehren und sich aus dem direkten politischen Tagesgeschehen herauszuhalten.
Hinter den Kulissen ist man jedoch ausgesprochen aktiv. Obama steht in technischen Fragen der Tagespolitik mit Rat zur Seite, heißt es.
Hauptaugenmerk liegt jedoch auf den größeren Fragen des politischen Lebens in Amerika. So hat der Ex-Justizminister Eric Holder in der Obama-Firma ein Büro, in dem er daran arbeitet, die Wahlbezirke neu zu ordnen. Die derzeitigen Wahlkreise, so glaubt Obama, kommen zu sehr den Republikanern zugute und verhindern, dass die Stimmen von Minderheiten ebenfalls gehört werden.
Darüber hinaus verwaltet das Büro Obamas Stiftung, die vor allem damit beschäftigt ist, Geld für Obamas Bibliothek in Chicago zu sammeln. Dorthin soll die gesamte Operation umziehen, sobald Tochter Sasha 2019 mit der Schule fertig ist.
Wie es auf der öffentlichen Bühne weitergeht, ist freilich noch unklar. Eine Existenz wie George W. Bush, der auf der Familienranch sitzt und Stillleben malt, kann man sich bei den Obamas kaum vorstellen.