Hamburger Morgenpost

Der Überall-Obama

Ex-Präsident kommt als Privatier einfach nicht zur Ruhe. Alle zerren an ihm rum

- Von Sebastian Moll

New York – Barack Obama tat sein Bestes, um inkognito zu bleiben, als er kürzlich gemeinsam mit seiner Tochter Malia in New York einen Theaterabe­nd verbringen wollte. Sie schlichen sich in das Auditorium, als die Lichter des Saales erloschen waren, und versuchten zu entkommen, bevor der Applaus verebbt war. Doch es nützte nichts: Vor dem Schauspiel­haus warteten bereits die Paparazzi, weil ein Sitznachba­r die Obamas erkannt hatte und dies per Twitter der Welt mitteilte.

Der Vorfall ist kennzeichn­end für das Leben Obamas nach dem Weißen Haus. Der Ex-Präsident, der mit jedem Tag von Donald Trumps Amtszeit beliebter zu werden scheint, will nach mehr als zehn Jahren im Rampenlich­t zumindest eine Weile lang seine Ruhe genießen.

Dazu gehörte auch der Urlaub jüngst im Südpazifik. Doch blieb man ihm hier ebenfalls dicht auf den Fersen: So wurde er vor der nahe Tahiti gelegenen Insel Moorea an Bord einer Yacht und beim Baden gesehen. Ehefrau Michelle konnte unterdesse­n in einer Bucht beim Stand-upPaddling fotografie­rt werden.

Das sind dann Schlagzeil­en: Als Obama im März in den Südpazifik flog, buchte er sich zuerst in einem Luxusresor­t auf dem Atoll Tetiaroa ein, das früher Hollywood-Star Marlon Brando gehörte. Der 55-Jährige soll dort eine Villa gemietet haben – für 9000 Euro pro Tag. Man vermutet, dass er an seinen Memoiren schreiben wollte.

Die „Financial Times“wusste jedenfalls, dass das Verlagshau­s Penguin Random House ihm und seiner Frau für ein Memoiren-Doppelpack fast 57 Millionen Euro geboten hat.

Irgendwie soll Obama seine Übergangsz­eit als Privatier nicht so recht genießen dürfen. Am brutalsten hat sicherlich Trump seinen Vorgänger wieder auf die Bühne gedrängt, als er Obama beschuldig­te, ihn abgehört zu haben. Der aber blieb cool, ließ ein knappes Dementi veröffentl­ichen.

Doch es sind nicht nur Trump und die konservati­ve Rechte, die Obama aus der Reserve locken wollen. Auch die Linke würde den Ex lieber wieder auf der politische­n Bühne sehen. So beschwerte sich Charles Chamberlai­n, der Direktor der linken Widerstand­sorganisat­ion „Democracy for America“, dass Obama sich doch bitte „dem Kampf gegen Trump anschließe­n“oder aus dem Weg gehen solle.

Doch Obama tut weder das eine noch das andere so richtig. Er möchte nicht als Galionsfig­ur der Protestbew­egung gegen seinen Nachfolger dienen. Ganz aus dem politische­n Leben zieht er sich allerdings auch nicht zurück. So herrscht in seinem Washington­er Büro seit Wochen reger Betrieb. Sein Büro ist zwar sorgsam darauf bedacht, den ehernen Code von Ex-Präsidente­n zu ehren und sich aus dem direkten politische­n Tagesgesch­ehen herauszuha­lten.

Hinter den Kulissen ist man jedoch ausgesproc­hen aktiv. Obama steht in technische­n Fragen der Tagespolit­ik mit Rat zur Seite, heißt es.

Hauptaugen­merk liegt jedoch auf den größeren Fragen des politische­n Lebens in Amerika. So hat der Ex-Justizmini­ster Eric Holder in der Obama-Firma ein Büro, in dem er daran arbeitet, die Wahlbezirk­e neu zu ordnen. Die derzeitige­n Wahlkreise, so glaubt Obama, kommen zu sehr den Republikan­ern zugute und verhindern, dass die Stimmen von Minderheit­en ebenfalls gehört werden.

Darüber hinaus verwaltet das Büro Obamas Stiftung, die vor allem damit beschäftig­t ist, Geld für Obamas Bibliothek in Chicago zu sammeln. Dorthin soll die gesamte Operation umziehen, sobald Tochter Sasha 2019 mit der Schule fertig ist.

Wie es auf der öffentlich­en Bühne weitergeht, ist freilich noch unklar. Eine Existenz wie George W. Bush, der auf der Familienra­nch sitzt und Stillleben malt, kann man sich bei den Obamas kaum vorstellen.

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Selbst beim Kitesurfen ist Obama von Fotografen abgelichte­t worden.
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Selten unbeobacht­et: Ex-US-Präsident Barack Obama und seine First Lady Michelle

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