Die kranke Welt des BVB-Bombers
Ein solches Verbrechen gab es in Deutschland noch nie: Um mit einer irren Börsen-Wette reich zu werden, soll der Elektroniker Sergej W. (28) die Bomben am Mannschaftsbus gezündet haben.
Er wollte das schnelle Geld. Dafür war er bereit zu töten. Skrupellos. Hinterhältig. Aber zum Glück erfolglos: Zehn Tage nach dem Bombenanschlag auf den Mannschafts-Bus des BVB hat die Polizei den mutmaßlichen Täter geschnappt. Der 28-jährige Sergej W. legte wohl aus reiner Geldgier die Sprengsätze.
Er sieht aus wie der nette Junge von nebenan. Zur Seite gekämmte blonde Haare, Milchbubi-Gesicht, gebügeltes Hemd. Vor knapp zwei Jahren beendete Sergej W. die Berufsschule in Freudenstadt im Schwarzwald als Elektroniker, wurde sogar mit einem Schulpreis ausgezeichnet. Seit zehn Monaten arbeitete er bei einem kleinen Heizwerk in Tübingen. Der Deutsch-Russe aus dem Ural war sogar Mitglied in einer Jugendgruppe der Volksmission, einer Kirchengemeinde. Wie konnte ausgerechnet dieser Mann eine so furchtbare Tat begehen?
11. April, 19.15 Uhr, BVBMannschaftshotel „L’Arrivée“in Dortmund: Sergej W. steht am Fenster seines Hotelzimmers und beobachtet die Abfahrt des BVB-Mannschaftsbusses. Dann drückt er auf seinen selbst gebauten Funkfernzünder. Drei Bomben explodieren – zum Glück treffen sie den Bus nicht voll. Im Hotel sind die Detonationen zu hören, sofort herrscht helle Aufregung. Nur einer schlendert seelenruhig in das Hotel-Restaurant und bestellt sich ein Steak: Sergej W. Eine Auffälligkeit, die den Ermittlern später hilft, den Attentäter zu schnappen.
Sergej W. hatte sich insgesamt drei Mal in dem Mannschaftshotel eingemietet. Einmal Wochen vor dem Anschlag, um die Örtlichkeit auszukundschaften. Und zu den beiden möglichen Terminen des Viertelfinales. Dabei hatte er zuletzt auf ein Zimmer mit Blick auf die Straße bestanden.
Der 28-Jährige verfolgte einen hinterhältigen Plan: Der Attentäter wollte mit seinen Bomben möglichst viele Fußballer töten. Die Aktien des börsennotierten BVB sollten daraufhin ins Bodenlose fallen. Sergej W. hätte dabei kräftig abkassiert: Er hatte laut Bundesstaatsanwaltschaft 15000 Put-Optionsscheine des Unternehmens gekauft. Wäre die Aktie gefallen, hätte er so Hunderttausende Euro kassieren können (siehe auch Seite 4).
Den Kaufauftrag für die Finanz-Derivate hatte er am Tag des Anschlags der „Comdirekt“-Bank mit Sitz in Quickborn (Kreis Pinneberg) erteilt. Der Vorgang wurde über den Internetanschluss des Dortmunder Hotels abgewickelt. Zur Finanzierung des Kaufs soll Sergej W. einen Kredit von 40 000 Euro aufgenommen haben. Einem Mitarbeiter der Bank kam der Kauf verdächtig vor. Er informierte die Polizei zwei Tage nach dem Attentat wegen des Verdachts der Geldwäsche. Die Schlinge zog sich zu.
Sergej W. war zwar bei der Bundeswehr. Wo er den Sprengstoff für die Bomben herhatte bzw. wo er den Umgang damit gelernt hat, ist den Ermittlern noch unklar. Der 28-Jährige diente 2008 während seines Wehrdienstes als Sanitäter.
Beim BVB gab man sich erleichtert. Klub-Chef Hans-Joachim Watzke: „Es ist schon wichtig zu wissen, wer dahintersteckt. Das gehört zur Verarbeitung des Ganzen dazu.“