Hamburger Morgenpost

Steckt er hinter dem MOPO-Anschlag?

„Wir fackeln die Bude ab“: Wie Bilal (✝ 17) aus St. Pauli das Feuer-Attentat plante – und dann in Syrien starb

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Von STEPHANIE LAMPRECHT

Fortsetzun­g im Prozess gegen die MOPO-Brandstift­er: Mustafa S. (22) legte gestern als letzter der vier Angeklagte­n ein Geständnis ab. Anders als seine Kumpane räumt er ein, dass Wut über die Mohammed-Karikature­n das Motiv für den Anschlag auf das Verlagsgeb­äude war. Anführer sei „Bilal“(✝ 17) gewesen, der Salafist aus St. Pauli, der 2016 als IS-Kämpfer starb.

Bilal, aufgewachs­en als Florent auf St. Pauli, war mit 14 Jahren zum Islam konvertier­t, bewegte sich in salafistis­chen Kreisen. Ab 2014 begann er, junge Anhänger um sich zu scharen: „Er wollte uns zu guten Muslimen machen“, so Mustafa S.

In der von Bilal gegründete­n Chatgruppe „Ein Muslim ein Wort“wurden im Januar 2015 die Anschlagsp­läne gegen die Max-Brauer-Schule und die MOPO besprochen: „Bilal hatte das mit den Mohammed-Karikature­n in Erfahrung gebracht und plante, ein Zeichen dagegen zu setzen.“

Hintergrun­d: Nach den Anschlägen auf die Pariser Satirezeit­ung „Charlie Hebdo“hatten Schüler der Max-Brauer-Schule einige CharlieHeb­do-Karikature­n aufgehängt, die MOPO hatte die Zeichnunge­n auf der Titelseite nachgedruc­kt.

Auch er habe sich in seinen religiösen Gefühlen „verletzt“gefühlt, so Mustafa S.: „Ich dachte daran, Steine zu werfen, aber Bilal sagte, das Werfen von Mollis wird zu mehr Diskussion­en führen.“Mustafas Mitangekla­gte hat- ten zu Prozessbeg­inn noch behauptet, die Angriffe seien Streiche angetrunke­ner Jugendlich­er gewesen – ohne islamistis­chen Hintergrun­d.

Nach längerer Diskussion im Chat über die Schüler, die die Mohammed-Karikature­n aufgehängt hatten (Mustafa S.: „Das sind nur vier Leute, die krallen wir uns nach der Schule, Digga“), wurde beschlosse­n, Molotowcoc­ktails in das Schulgebäu­de zu werfen. „Digga, lass uns kaputt hauen. Wir machen richtig Randale“, schrieb einer. Bilal antwortete: „Wir wollen einfach zerstören Max Brauer, wir fackeln die Bude ab!“Ein Chat-Teilnehmer daraufhin: „Mopo abfackeln!“Bilal und andere daraufhin: „Bin dabei“und „Mopo wird sowieso auseinande­rgenommen“.

Er habe in beiden Nächten die Aufgabe gehabt, die Molotowcoc­ktails zu bauen, erklärt Mustafa S.: „Bilal hat jedem eine Aufgabe gegeben, damit keiner die anderen verraten kann.“

An dem Anschlag auf die MOPO seien „zehn bis zwölf Leute“beteiligt gewesen. Wer keinen Molli abbekommen habe, habe Steine und einen Gullydecke­l in das Kellerfens­ter geworfen. Während die Brandsätze bei der Schule nicht zündeten, geriet das Archiv der MOPO in Brand.

Noch im Februar 2015 frohlockte Mustafa S. im Chat: „Das war wie ein perfekter Mord!“Im März 2015 stürmten Fahnder seine Wohnung. Bilal war da schon auf dem Weg in den Dschihad. Im März 2016 veröffentl­ichte der Verfassung­sschutz eine Audiodatei, in der der Teenager aus St. Pauli seine Freunde vor dem IS warnt: „Die schicken die Brüder einfach in den Tod!“Bilal starb kurz darauf, mutmaßlich in der ISHochburg Rakka. In der St. Pauli-Kirche fand ein christlich-islamische­r Abschiedsg­ottesdiens­t statt.

Er selbst, so Mustafa S., gehe jetzt in eine gemäßigte Moschee. Fortsetzun­g: 2. Mai.

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Florent aus St. Pauli konvertier­te mit 14 Jahren zum Islam, nannte sich fortan „Bilal“. Er starb 2016, mutmaßlich in der IS-Hochburg Rakka. 27. Mai 2016: Trauerfeie­r in der St. Pauli-Kirche für Bilal. Er hatte vor seinem Tod mit einer Audionachr­icht...
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