Wie die Ultras den HSV spalten
Ein Insider sagt der MOPO: „Der Riss durch die Gruppen ist deutlich zu spüren!“ Supporters Club distanziert sich in einer Stellungnahme klar von den Pyromanen Verein reagiert mit harten Sanktionen und verbietet Choreografien im Stadion
Diese Fans sind ein echtes Problem:
Erst kam der Rauch, dann stolperten die Profis des HSV wie benebelt über den Platz, verloren im Volkspark gegen den Tabellenletzten Darmstadt 98 (1:2) und stecken plötzlich wieder tief im Abstiegssumpf. Doch damit nicht genug: Der Pyro-Irrsinn sorgte für einen Riss in der Anhängerschaft. Die Ultras spalten den HSV.
Eigentlich sind sie es diese rund 250 Hardcore-Fans aus den Gruppen „Poptown“und „Castaways“, die das Team bedingungslos unterstützen und den Rest des Publikums auch dann mitreißen, wenn es auf dem Rasen für die Mannschaft nicht so rund läuft. Doch am vergangenen Sonnabend haben die Ultras auf der Nordtribüne den Bogen überspannt. Mit dem Zünden von NebelTöpfen sowie eines Böllers in ihrem Block sorgten sie für eine Spielunterbrechung und zogen damit die Wut der anderen Stadion-Besucher auf sich.
„Arschlöcher, Arschlöcher“und „Wir sind Hamburger und ihr nicht“, hallte es durch die Arena, zudem gab es ein lautes Pfeifkonzert. Nach der schlimmen Pleite gegen das Schlusslicht beschwerten sich auch die HSV-Profis über die Pyro-Aktion der Ultras, da diese sie gleich zu Beginn des Spiels ganz offensichtlich aus dem Rhythmus gebracht hatte.
Die Folgen für den Verein: Das DFB-Sportgericht nahm Ermittlungen auf, es droht eine weitere Geldstrafe und eine Teilsperrung der Nordtribüne auf Bewährung. Die Folgen für die Ultras: Der Vorstand des HSV verurteilte die Vorkommnisse in einer Stellungnahme auf der Internetseite „aufs Schärfste“, da „mit dieser Aktion die Gesundheit und Sicherheit von vielen tausend Fans auf den Tribüne riskiert“worden sei. Es wurde daher gegen die „beteiligten Gruppen“(Poptown, Castaways) ein Materialverbot – also die Mitnahme von Bannern, Block- und Schwenkfahnen – verhängt. Bis auf weiteres wird die Klub-Führung keine Choreografien oder Spruchbänder mehr genehmigen.
Der Verein sah sich gezwungen, entsprechend hart zu reagieren. Doch auch innerhalb der Anhängerschaft hat sich ein Graben aufgetan. Ein Insider aus der Fan- und Ultra-Szene des HSV, der namentlich nicht genannt werden will, sagte der MOPO: „Der Riss durch die Gruppen ist deutlich zu spüren, was daran liegt, dass es beim HSV kaum noch gemäßigte Ultras gibt und für sie im Vordergrund steht, rebellisch aufzutreten. Sie genießen es, durch solche Aktionen wie am Sonnabend gegen Darmstadt so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich denke nicht, dass Verbote sie in Zukunft davon abhalten.“
Neben dem Vorstand um Heribert Bruchhagen hat sich die Leitung des Supporters Clubs von den Ultras klar distanziert. „Die Pyro-Aktion hat den anderen HSVFans, der Mannschaft und dem gesamten Verein geschadet“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Außerdem sei der in den vergangenen Monaten trotz anhaltender sportlicher Krise „eigentlich überragende Fan-Support spürbar beeinträchtigt“worden. Und weiter: „Diese Pyro-Aktion war in jeder Hinsicht kontraproduktiv für unseren HSV.“
Sowohl der Vorstand („Wir erhoffen uns, dass jeder HSVer seinen Teil dazu beiträgt, dass wir zusammenstehen und gemeinsam den Klassenerhalt erreichen“) als auch der Supporters Club („In einer Tabellensituation, in der wir alle zusammenstehen sollten und müssen, spaltet sich die Fanszene. Aber genau das dürfen wir nicht zulassen. Jetzt zählt vor allem der gemeinsame Support im Stadion“) riefen dazu auf, im Abstiegskampf als Einheit aufzutreten.
Jetzt sind die Ultras am Zug. Doch wie reagieren die Mitglieder von „Poptown“und „Castaways“auf die rigorosen Sanktionen durch den Vorstand und auf die harte Kritik des Supporters Clubs an ihrem Handeln? Medienanfragen werden von „Poptown“und „Castaways“ebenso abgelehnt wie eine öffentliche Erklärung zu ihrer Pyro-Aktion gegen Darmstadt 98. Ihre Antwort gibt es also erst am Sonntag im Abstiegs-Thriller beim FC Augsburg.
Vom HSV berichten Matthias Linnenbrügger und Florian Rebien „Die Pyro-Aktion hat dem gesamten Verein geschadet.“Stellungnahme Supporters Club