Hamburger Morgenpost

„Jede neue Rolle ist ein Abenteuer“ Spagat zwischen Kunst und Unterhaltu­ng

Ex-„Tatort“-Ermittler Boris Aljinovic über sein neues Beziehungs­drama Das Programm der Kammerspie­le

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Er spielte das linkische Muttersöhn­chen „Elling“und den Sprachlehr­er des stotternde­n Königs in „The King’s Speech“: Ex-„Tatort“-Star Boris Aljinovic (49) begeistert­e das Hamburger Publikum in vielen Rollen. Nun gastiert der Berliner am ErnstDeuts­ch-Theater als Anwalt in „Unwiderste­hlich“– einem fetzigen Schlagabta­usch über Freiheit, Liebe und Eifersucht.

MOPO: Die Lust Ihrer Figur am Argumentie­ren – kennen Sie die auch? Boris Aljinovic:

Ich glaube, in diesem Psychodram­a steckt hinter der Argumentat­ionswut auch eine anwaltlich­e Verkorksth­eit. Aber es macht Spaß, diese Rolle zu spielen. Die Kunst, gut zu argumentie­ren, ist wie ein gutes Parfüm. Man braucht eine gewisse Grandezza, um damit zu sprühen. Doch egal, wie klug man debattiert, am Ende landet man doch bei verletzten Gefühlen, Misstrauen und äußerster Wut.

Wäre Anwalt eigentlich auch ein Beruf für Sie gewesen?

Jurist oder Mediziner zu sein, ist sicherlich auch aufregend. Aber für mich liegt das Aufregende in der Aufforderu­ng, kreativ sein zu müssen. Das Schöne an meinem Beruf ist, ich muss mutig sein. Denn für die Arbeit an einer Rolle gibt es keine klaren Anweisunge­n. Ich muss mich wirklich darauf einlassen, ich selbst und gleichzeit­ig ein anderer zu sein. Bei den Proben zu „Unwiderste­hlich“habe ich beispielsw­eise entdeckt, das Stück fliegt viel

besser, wenn ich das Visier aufmache. Und dem Typen, den ich spiele, zugestehe, dass er total eitel und von sich überzeugt ist.

Ihre Abenteuerl­ust hat Schauspiel­er gemacht? Sie zum

Ja, ich habe einen Abenteuerb­eruf, das würde ich schon sagen. Ich schaffe ja keine Ordnung, mich interessie­rt jede neue Rolle als Abenteuerf­ahrt. Und jeder Theaterabe­nd hat seine unterschie­dlichen Wetterlage­n – wie ein Tag auf hoher See.

Was begeistert Sie an Ihrem Lieblingss­port Segeln?

Das Tolle am Hochseeseg­eln ist, dass ich hier ganz anders gefordert bin. Das BühnenAdre­nalin spielt auf See keine Rolle. Ausreden, um die eigene Situation zu verbessern, funktionie­ren auf dem Meer nicht. Ich würde sagen, Hochseeseg­eln ist eine tiefe Erfahrung und gut für die Charakterb­ildung.

Vor dem nächsten Törn steht Ihr Gastspiel in Hamburg an. Fühlen Sie sich hier mittlerwei­le heimisch?

Hamburg ist eine schöne Stadt und ich freue mich, wieder hier zu sein. Vor fast 20 Jahren waren meine damalige Frau Antje Westermann und ich zusammen am Ernst-Deutsch-Theater engagiert. Jetzt spiele ich wieder hier. Das Interview führte BRIGITTE SCHOLZ Ernst Deutsch Theater: ab 27.4., Friedrich-Schütter-Platz 1, Karten 20-39 Euro, Tel. 227 014 20 Seit 15 Jahren leitet Axel Schneider die Kammerspie­le. Was er in seiner Jubiläumss­pielzeit vorhat, verriet der Intendant gestern: ein ansprechen­d-unterhalts­ames und künstleris­ch hochstehen­des Programm.

Nicole Heesters spielt die Hauptrolle in „Marias Testament“. Als Mutter Maria denkt sie über ihren am Kreuz gestorbene­n Sohn nach.

Im Spagat zwischen anspruchsv­oll und unterhalts­am erfüllt sich Axel Schneider einen Herzenswun­sch: Im Sommer inszeniert er die turbulente musikalisc­he Komödie „Tour de Farce“mit Publikumsl­iebling Tim Grobe und Caroline Kiesewette­r in einer Reihe schräger Rollen.

Um Menschen mit ihren Macken und Handicaps dreht sich die berührende Filmadapti­on „Vincent will Meer“. Und zur kritischen Auseinande­rsetzung mit unserem Lebensstil und unseren Werten will „Schlaraffe­nland“, das jüngste Stück des erfolgreic­hen Dramatiker­s Philipp Löhle, herausford­ern.

Ein Knüller für kleine und große Besucher: Das Hamburg-Musical „Historicus“(nach dem gleichnami­gen Jugendbuch von Irene Haarmeyer) ist eine Reise durch 800 Jahre Geschichte der Hansestadt. Und trotz leichter Verschiebu­ng der Zuschauerz­ahlen (Schneider: „Wir spüren den Hype um die Elphi“) liegt das Publikumsi­nteresse am Programm der Kammerspie­le weiterhin hoch. Caroline Kiesewette­r spielt in der Komödie „Tour de Farce“mit.

„Beim Segeln auf dem Meer gelten keine Ausreden.“Boris Aljinovic (49)

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Diese Rolle machte ihn zum Star: Boris Aljinovic (l.) als „Tatort“Kommissar Felix Stark (mit Dominic Raacke als Till Ritter)
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Als Ausgleich zum Theaterspi­elen geht Boris Aljinovic segeln. „Gut für die Charakterb­ildung“, findet der 49-Jährige.
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