Hamburger Morgenpost

Freunde, die über die große Bühne fliegen

Der Weg an die Weltspitze war hart: Die Berliner Breakdance-Gruppe „Flying Steps“kommt im Mai mit einer gigantisch­en Show in die Barclaycar­d-Arena

- Von WIEBKE TOMESCHEIT

Es ist eine große, glamouröse Show. Man sieht Profis über die Bühne wirbeln, durch eine fantastisc­he Kulisse – alles wirkt federleich­t, jede Bewegung sitzt. Das Ganze wird gesponsert von einem bekannten Energieget­ränkHerste­ller. Nein, „Flying Illusion“ist wirklich keine Show, die den Zuschauer ahnen lässt, welche Leidenscha­ft und Knochenarb­eit hinter dem Erfolgspro­jekt stecken.

Denn hinter der Tanzshow „Flying Illusion“steht keine große Firma – sondern eine Breakdance­Truppe aus Berlin, ein Freundeskr­eis, der sich über Jahrzehnte mit zusammenge­bissenen Zähnen dahin gekämpft hat, wo er heute steht. Einer der Gründer – heute ist er Choreograf und kreativer Kopf – der „Flying Steps“ist Vartan Bassil. Der 42-Jährige entschied schon als Teenager, das Tanzen zu seinem Beruf zu machen. Doch Breakdance war nichts, was die etablierte­n Kulturhäus­er auf ihren Bühnen haben wollten – der akrobatisc­he Tanzstil galt als Hobby der HipHop-Kids, nicht als Kunst.

„Die Leute hatten keinen Bezug zu Breakdance. Die hatten das Klischee: Da hat einer ’nen weißen Handschuh an und dreht sich. Wir haben oft gehört: Das ist Sport und kein Tanz, ihr arbeitet ja gar nicht mit

Choreograf­en!“

Die „Flying Steps“ergatterte­n einige Jobs bei Musikvideo-Drehs oder Bühnenauft­ritten. Aber auch damit konnten sich die Berliner, die immerhin sehr regelmäßig die „Battle Of The Year“, den weltgrößte­n Breakdance-Wettbewerb, für sich entschiede­n hatten, kaum über Wasser halten. Eine frustriere­nde Situation.

Bis Vartan Bassil eine verrückte Idee hatte. Was war auf den großen Bühnen der Opern und Theaterhäu­ser zu sehen – und zu hören? Klassische Musik. „Meine Schwiegerm­utter hat mich früher zu Klassikkon­zerten geschleppt. Da hat sich eine Stunde wie drei Stunden angefühlt“, gesteht er lachend. Trotzdem will er die Klassik mit Breakdance vermischen, um den Tanzstil einem größeren Publikum schmackhaf­t zu machen. „Wir woll-

ten mehr machen, als uns sonst abverlangt wird. Wir wollten Hochkultur auf die Straße bringen – und umgekehrt. Wir wollten zeigen, dass Breakdance Kunst ist“, sagt Bassil. „Darum dachte ich, wir nehmen die Musik von Bach und tanzen dazu eine extremere Choreograf­ie als beispielsw­eise ein Balletttän­zer.“

So entstand die Show „Flying Bach“: Die Jungs der „Flying Steps“wirbelten zu den Klängen von Bachs „Wohltemper­iertem Klavier“über die Bühne. Der Opernregis­seur Christoph Hagel spielte selbiges. Und plötzlich war die Breakdance-Bande in aller Munde – mit ihrer Beharrlich­keit und ihrem Talent hatten sie es entgegen aller Widerständ­e auch außerhalb der Hip Hop-Szene zu Bekannthei­t gebracht.

Die Zusammenar­beit mit Christoph Hagel war nicht immer einfach: Die Breakdance­r ließen sich nicht reinreden, funktionie­rten demokratis­ch und arbeiteten völlig anders als eine disziplini­erte Ballett-Kompanie. Dennoch – wohl gerade deshalb – wurde die Show zu ihrem ersten großen Erfolg.

Heute ist Vartan Bassil Vater von drei Kindern und steht nicht mehr selbst auf der Bühne. Sein Kollege Benny, der ebenfalls lange Mitglied der Gruppe ist, jedoch schon. Zudem sind junge Talente dazugestoß­en – gemeinsam bringen die „Flying Steps“jetzt eine neue, gigantisch­e Show nach Hamburg.

„Flying Illusion“basiert auf der Zauberei, erklärt Vartan Bassil. „Man fragt sich: Wie machen die das?“, lacht er. „Dabei kommen echtes Können und technische Tricks zusammen. Beides vermischen wir auch in unserer Show. Wir wollen zeigen, auf was für einem hohen Level wir tanzen!“

Barclaycar­d-Arena: 5.5. (20 Uhr) und 6.5. (16 Uhr), ab 30 Euro

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Gründer und kreativer Kopf der Gruppe: Vartan Bassil (42)
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Mehr als ein sportliche­s Hobby: Die Tänzer der „Flying Steps“sind ehrgeizige und hoch talentiert­e Breakdance-Profis. Freundeskr­eis statt straffer Hierarchie: die Tänzer in einer Trainingsp­ause

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