Hamburger Morgenpost

Joshua knockt Klitschko aus

Brite bleist Weltmeiste­r. Tritt der Ex-Champ jetzt zuruck?

- Aus London berichtet NILS WEBER n.weber@mopo.de

Es sollte einer der größten Kämpfe der Box-Geschichte werden – und dieser Fight hielt alles, was er versproche­n hatte. In einem Wahnsinns-Kampf hat der britische IBF-Weltmeiste­r Anthony Joshua den Ex-Champion Wladimir Klitschko dreimal zu Boden geschickt und durch technische­n K.o. in Runde elf gewonnen. Doch auch Joshua hatte kurz vor dem K.o. gestanden.

Die Anspannung, sie lag schon weit vor Beginn des Kampfes (23.02 Uhr) in der 13 Grad warmen Londoner Luft. Lennox Lewis, Evander Holyfield, WBC-Weltmeiste­r Deontay Wilder, die großen Champs des Boxens waren unter den 90 000 Zuschauern in Wembley, diskutiert­en über die Chancen im MegaFight, den sich auch Arnold Schwarzene­gger hautnah ansah. Auf dem Schwarzmar­kt waren für die letzten Tickets bis zu 18 000 Euro aufgerufen worden. Wahnsinns-Summen für einen WahnsinnsF­ight.

Die englischen Buchmacher hatten K.o.-König Joshua favorisier­t, die gesamte deutsche Box-Prominenz hatte sich in der MOPO für Klitschko ausgesproc­hen, auch Tyson Fury, der den Wahl-Hamburger im November 2015 entthront hatte, tippte auf den 41-Jährigen, der gestern Nacht in seinem 69. Profi-Kampf vor einer der größten Herausford­erungen seiner langen Karriere stand.

Joshua, der Olympiasie­ger von 2012, hatte alle seine 18 Profi-Kämpfe durch K.o. gewonnen. Nie musste er dabei mehr als sieben Runden im Ring stehen. Nie aber hatte er auch vor einer derart großen Aufgabe gestanden. Nie vor einer solchen Kulisse gekämpft. Rumble in Wembley. Und das Stadion bebte. „Sweet Caroline“dröhnte aus den Lautsprech­ern. Zehntausen­de Engländer feierten eine der größten BoxPartys aller Zeiten. Allein die Einlaufsho­w sprengte alles, was bisher da gewesen ist. Beide Boxer mussten mehr als 100 Meter zurücklege­n, um in den Ring zu steigen. Joshua ließ Klitschko dort quälende sieben Minuten warten. Die kleinen Psycho-Spielchen vor dem großen Kampf.

Der war zunächst geprägt vom gegenseiti­gen Respekt. Joshua war perfekt eingestell­t auf Klitschkos Boxstil, neutralisi­erte den Jab. Erst zu Beginn der vierten Runde kam Klitschko mit seiner Rechten durch. Ein Treffer, den Joshua konterte. In Runde fünf drosch der Brite mit einem brachialen Schlaghage­l auf den Ukrainer ein. Klitschko ging zu Boden, wurde angezählt, erlitt ein Cut am linken Auge, das Ende schien nah. Doch alles drehte sich. Klitschko feierte ein

„Zwei Gentlemen haben gekämpft. Der Beste hat gewonnen.“Wladimir Klitschko

„Der Ringrichte­r hätte den Fight nicht abbrechen dürfen.“Ex-Weltmeiste­r Lennox Lewis

Wahnsinns-Comeback, jagte Joshua einen Aufwärtsha­ken ans Kinn. Der Gong rettete den Weltmeiste­r. Doch Klitschko war jetzt der Herr im Ring, hämmerte in Runde sechs seine Rechte durch die Deckung des 27-Jährigen. Joshua am Boden, diesmal wurde der Brite angezählt – zum ersten Mal in seiner Karriere. Doch auch der 1,98-MeterRiese erholte sich. Ab Runde acht, eine Runde, die er zuvor noch nie geboxt hatte, versuchte er Klitschko mit Trashtalk aus der Ruhe zu bringen. Ab der neunten Runde war es dann wieder das boxerische Können, mit dem Joshua punktete. Der Kampf wogte hin und her – und fand in Runde elf sein Ende.

Joshua schlug Klitschko zweimal zu Boden, bevor Ringrichte­r David Fields (USA) den Kampf 36 Sekunden vor Ablauf der elften Runde beendete. Klitschko war geschlagen – nach einem Kampf für die Geschichts­bücher. Ob es der letzte in seiner Karriere war? Die kommenden Tage wird es darauf vielleicht eine Antwort geben. Fest steht, jeder BoxFan wird sich nichts sehnlicher wünschen als ein ReMatch dieses Fights der Giganten.

Nach Meinung von Lennox Lewis hätte dieser gestern so nicht enden dürfen. „Der Ringrichte­r hätte nicht abbrechen dürfen“, sagte der Ex-Weltmeiste­r der MOPO am Sonntag. „Wladimir stand noch und hat sich verteidigt und Joshua hat in dem Moment nicht getroffen.“

Die Menge feierte auch den Verlierer. „Beide Boxer haben ihr Bestes gegeben. Zwei Gentlemen haben gegeneinan­der gekämpft und der Beste hat gewonnen“, sagte Klitschko. „Ich habe den Kampf genossen.“Ob er seiner Karriere fortsetzen werde, ließ er offen. „Wir müssen jetzt erst mal alles analysiere­n.“

Joshua forderte derweil Tyson Fury zu einem Kampf auf. „Ich bin zurückgeko­mmen, nachdem ich am Boden war“, sagte er und rief: „Tyson Fury, wo versteckst du dich? Ich würde 90 000 Menschen auch gerne die Möglichkei­t geben, diesen Kampf zu sehen. Aber dieser Fight hat mir schon richtig Spaß gemacht.“Da war er nicht alleine.

 ??  ?? Runde elf: Wladimir Klitschko wird angezählt. Kurz darauf ist der Kampf vorbei.
Runde elf: Wladimir Klitschko wird angezählt. Kurz darauf ist der Kampf vorbei.
 ??  ??
 ??  ?? Anthony Joshua (r.) traf Wladimir Klitschko mehrmals hart. In den Runden fünf und elf ging der Ukrainer zu Boden.
Anthony Joshua (r.) traf Wladimir Klitschko mehrmals hart. In den Runden fünf und elf ging der Ukrainer zu Boden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany