Hamburger Morgenpost

Merkels Flug ins Reich der Finsternis

Die Kanzlerin besucht Saudi-Arabien – wo es auch ein bisschen um Menschenre­chte gehen soll

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Berlin – Es ist ein Flug ins Reich der Finsternis: Heute trifft Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) zu einem Staatsbesu­ch in Saudi-Arabien ein. Diplomatis­ch ein ganz heikles Pf aster.

Das Sünden-Register der Saudis ist endlos: Saudi-Arabien ist eine Menschenre­chtshölle – für Frauen, für Homosexuel­le, für Schiiten, für Regimekrit­iker. Allen drohen Strafen höchster Perversion – ein Schreckens­regime, das weltweit nur wenig Konkurrenz hat.

Doch auch außenpolit­isch sind die Saudis kein Vorbild: Ob islamistis­che Killer in Syrien, Terrormili­zen im Kaukasus oder Hasspredig­er in westlichen Großstädte­n: Das Regime gibt Unsummen aus, um die hauseigene Auslegung des Islams, den mittelalte­rlich-grausamen Wahhabismu­s, zu verbreiten.

Wie schwierig eine Partnersch­aft mit den Saudis ist, weiß die Kanzlerin ganz genau. Doch sie braucht Verbündete: beim Klimaschut­z, bei einer Lösung für das zerstörte Syrien, auch in der Flüchtling­sfrage: Bisher wollte man in Riad nichts wissen von den blutigen Folgen der eigenen Politik.

Doch das Reich am Persischen Golf ist den Deutschen durchaus lieb und teuer: Milliarden gibt das Regime für immer neue Waffen aus Deutschlan­d aus. Deshalb ließ das Kanzleramt versichern, dass diesmal keine Rüstungsma­nager im Merkel-Tross nach Dschidda f iegen. Wozu auch: Derzeit liefert Deutschlan­d 48 Patrouille­nboote an die Saudis – Jan van Aken (Linke) kritisiert die Bundesregi­erung, weil diese Boote bei der saudischen Seeblockad­e im Jemen-Krieg zum Einsatz kommen.

Und die Menschenre­chte? Will Merkel ansprechen. Regierungs­gegner treffen aber nicht. Von Ensaf Haidar kam gestern eine bedrückend­e Botschaft: Die Frau des inhaftiert­en Bloggers Raif Badawi bangt um ihren Mann: „Ich hoffe, dass die Kanzlerin die saudischen Führer direkt nach einer Begnadigun­g fragen wird.“Weil er Kritik äußerte, war Badawi zu zehn Jahren Gefängnis und 1000 Stockhiebe­n verurteilt worden. 50 Stockhiebe erhielt er bereits, sie brachten ihn in Lebensgefa­hr. Haidar warnte: Die körperlich­e und psychische Gesundheit ihres Mannes verschlech­tere sich zusehends. Ob Merkel sich für Badawi einsetzen wollte, war gestern noch offen.

Ein kleines Zeichen will die Kanzlerin aber doch setzen: In einem Land, in dem Frauen weder frei reisen noch Auto fahren dürfen, will sie Unternehme­rinnen treffen – dies sei auch ein Signal an die saudische Gesellscha­ft.

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