Genießen auf französische Art
Die Franche Comté ist eine noch weitestgehend unbekannte Region für Gourmets
Wie in einer Schatzkammer sieht es hier nicht unbedingt aus – der Arbeitsplatz von Claude Querry ist düster und kühl, außerdem riecht es seltsam. Trotzdem kommt der Franzose seit 30 Jahren gern ins Fort Saint Antoine, eine alte, unterirdisch in den Berg gehämmerte Festung nahe der Schweizer Grenze. Hier sorgt Querry als Veredelungsmeister dafür, dass Tausende Comté-Laibe gut gedeihen. Bis in die letzten Winkel der Gewölbe erstrecken sich die Regale mit den enormen Käserädern. Alle paar Tage werden sie gewendet, gesalzen, gestreichelt, befühlt, beklopft und zuletzt auch einmal probiert – eine Fürsorge, die sich über 10, 20 oder sogar 24 Monate erstreckt.
Das Ergebnis: ein Rohmilchkäse, dessen Geschmack im Fondue, in einer Quiche und pur genossen wonniges Stöhnen auslöst. Sind die Comtés endlich fertig, werden sie in die ganze Welt geschickt, sagt Querry: „Alle unsere Käse haben bereits Käufer, die sehnsüchtig auf sie warten.“Dabei ist die Herkunft des Comtés wenig glamourös und aus der puren Notwendigkeit heraus entstanden: „Unsere Winter sind kalt, also mussten die Menschen Lebensmittel konservieren. Sie sammelten die Milch, um daraus riesige, lange haltbare Käselaibe für die ganze Gemeinschaft zu machen.“
Auch heute wird die Milch für den Comté ausschließlich von in Kooperativen organisierten Milchbauern geliefert. Die Bestimmungen sind streng, so dürfen nur die in einer bestimmten Höhe weidenden braun-weiß gefleckten Montbéliard-Kühe die Milch geben.
Die Region FrancheComté ist eher unbekannt. Verglichen mit der Bretagne oder der Provence sieht es hier mit Wäldern, Wiesen und Seen etwas unauffälliger aus. Auch wirken die freundlichen kleinen Städtchen fast schon ein bisschen schläfrig – die perfekte Voraussetzung, um in Ruhe auf kulinarische Entdeckungsreise zu gehen.
Was das Besondere an der regionalen Küche ist, fasst Sternekoch Marc Faivre zusammen: „Die Menschen hier haben sich den klimatischen Bedingungen angepasst und damit hervorragende Produkte geschaffen wie den Comté oder die langsam geräucherte Morteau-Wurst. Dazu haben wir Süßwasserfisch, unzählige Pilze, Enzian.“Genau diese Spezialitäten tauchen später am Abend in dem Menü auf, das Faivre in seinem Restaurant Le Bon Accueil servieren lässt.
Tags darauf lernen wir, dass der berühmt-berüchtigte Absinth zwar Anfang des 19. Jahrhunderts in der Schweiz erfunden wurde, die Produktion und Vermarktung allerdings verlegte man bald ins französische Pontarlier. Von da an ging es mit dem nach Anis schmeckenden Getränk bergauf, in Pontarlier eröffnete eine Brennerei nach der anderen. Anti-Alkoholikern und Winzern war der Modedrink ein Dorn im Auge, worauf beide Parteien ein seltenes Bündnis eingingen und eine Propagandamaschinerie ins Rollen brachten, die im Jahr 1915 zum Verbot des Absinths führte.
Heute gilt die „grüne Fee“als rehabilitiert. Bei Dominique Rousselet in der Destillerie Les Fils d’Emile Pernot werden gut 35 000 Liter Absinth pro Jahr produziert – mit Kräutern aus der Umgebung.
Das Geschäft läuft gut, vielleicht auch gerade weil dem Getränk immer noch ein verruchtes Image anhaftet, sagt Rousselet: „Sogar viele Leute aus der Region denken immer noch, dass Absinth verboten ist oder verrückt macht.“