Hamburger Morgenpost

AfD klagt wegen „Nazi-Schlampe“

Ärger um bissige NDR-Satire:

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Wer laut trommelt, sollte ein Echo aushalten können – nicht so die Damen und Herren Populisten der AfD.

„Die politische Korrekthei­t gehört auf den Müllhaufen der Geschichte“, tönte die neue Spitzenkan­didatin Alice Weidel auf dem Bundespart­eitag der AfD in Köln. „Jawoll“, kommentier­te Satiriker Christian Ehring in der NDR-Sendung „extra 3“: „Schluss mit der politische­n Korrekthei­t. Lasst uns alle unkorrekt sein. Da hat die Nazi-Schlampe doch recht!“

Eine Aussage mit rechter Schlagkraf­t, die der Partei sauer aufstößt. „Wir gehen dagegen juristisch vor. Das wird teuer für diesen GEZPrimiti­vling“, twittert AfDPresses­precher Christian Lüth erbost. Der Fall werde von einem Medienanwa­lt geprüft, erklärte Lüth dem „Spiegel“. Ehrings Aussagen seien „beleidigen­d und verleumder­isch“. Der NDR wiederum lässt verlauten, dass man einer Klage gelassen entgegense­he. Ehring selbst wollte sich auf MOPO-Anfrage nicht äußern.

Skurril: Vor einem Jahr noch trat die AfD als große Verteidige­rin der Satire auf. Als Jan Böhmermann im vergangene­n März mit seiner „Schmähkrit­ik“über Recep Tayyip Erdogan eine Debatte über Meinungsfr­eiheit in Deutschlan­d lostrat, kritisiert­e die AfD damals noch Denk- und Sprachverb­ote.

„Satire, so fragwürdig sie auch sein mag, zur Strafverfo­lgung freizugebe­n“, sagte AfD-Chef Jörg Meuthen, „ist ein Anschlag auf die Freiheit, die Europa auszeichne­t.“

Im Fall Weidel sieht man die Welt nun ein bisschen anders. Denn dieser sei mit dem Fall Böhmermann überhaupt nicht zu vergleiche­n, sagt AfD-Sprecher Christian Lüth: „Damals ging es um eine ausländisc­he Macht, die sich in Deutschlan­d einmischt. Jetzt sind es zwei deutsche Staatsbürg­er, die sich streiten.“

Würde bedeuten: „Freiheit, die Europa auszeichne­t“, soll nicht gelten, wenn sich eine AfD-Funktionär­in betroffen fühlt?

Parteispre­cher Lüth sollte im Übrigen noch einmal recherchie­ren, ehe er auf Twitter selbst verbale Ohrfeigen rausschieß­t. „GEZ-Primitivli­ng“ist nicht nur eine Beleidigun­g, sondern auch fast so altmodisch wie die Ansichten vieler Parteimitg­lieder: Die GEZ wurde Ende 2012 in den „ARD ZDF Deutschlan­dradio Beitragsse­rvice“umgewandel­t. Zumindest in solchen Detailfrag­en könnte man ja korrekt bleiben.

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Moderator Christian Ehring nutzte die Steilvorla­ge, die ihm geboten wurde, als er einen Clip vom Parteitag zeigte. Im Schussfeue­r der Satire: AfD-Frau Alice Weidel

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