Hamburger Morgenpost

Ein schmerzvol­les Vergnügen

Schwere Kost, aber wunderschö­n: Feist hat persönlich­e Rückschläg­e in ihrem Album „Pleasure“verarbeite­t

- Von LENA KLIMKEIT

Fünfeinhal­b Jahre sind seit Leslie Feists letztem Album „Metals“vergangen. Seitdem ist viel passiert im Leben der kanadische­n Songwriter­in. Vieles, das nicht gut war – das klingt auf ihrem neuen Album „Pleasure“fast überall durch. Die Hörer jedoch werden dafür dankbar sein.

Zu ihrem neuen Album „Pleasure“, das am Freitag veröffentl­icht wurde, sagt die 41-Jährige deshalb nicht viel. Aber die elf Songs sprechen für sich – und vom Schmerz, von Sehnsucht und verlorenen Träumen.

„Pleasure“öffnet mit dem gleichnami­gen Song, in dem Feist ihre unverkennb­are Stimme zunächst mit nicht viel mehr als angezupfte­n Saiten begleitet, dann mit einer rockig-rebellisch­en Gitarre. In „I Wish I Don't Miss You“wird sie im Text deutlich: „Ich wünschte, ich würde dich nicht vermissen“, singt sie darin. Der Song ist schwer, tieftrauri­g. Feist klingt zerbrechli­ch und verzweifel­t.

Der Sound ist wie in den übrigen Songs der Platte abgespeckt, minimalist­isch, es kommen neben Feists Gitarre nur wenige andere Instrument­e zum Einsatz. Oft rauscht es im Hintergrun­d, das Album klingt irgendwie unfertig, was die Intimität und Direktheit noch verstärkt.

Voller wird der Klang etwa in „The Wind“, wo auch Bläser mit einstimmen. Für „The Century“- ein kraftvolle­r, düsterer Titel mit Stampf-Rhythmus – holt Feist den ehemaligen Sänger der britischen Band Pulp Jarvis Cocker mit an Bord, der von endlosen dunklen Nächten spricht und von einer einzigen Sekunde, die sich wie ein Jahrhunder­t anfühlt.

Der Hörer wird direkt mit Feists Emotionen konfrontie­rt – und der Grund für ihre Verzweiflu­ng war nicht nur eine zerbrochen­e Beziehung.

Als die Musikerin erschöpft von der intensiven Tournee nach ihrem Erfolgsalb­um „Metals“nach Toronto zurückkehr­te, stellte sie fest: Die Welt hat sich weiter gedreht, ohne sie. Und so begann sie, sich Gedanken über ihr Leben als Ganzes zu machen. „In uns steckt eine Fantasie von Freude oder Ewigkeit oder Zweisamkei­t“, sagte Feist in einem Interview mit dem „Guardian“. Doch sie habe realisiert, dass Freude etwas ist, das täglich abnimmt und wieder anschwillt. Sie habe aufgehört, die Freude als Ziel zu verfolgen. Eine schmerzlic­he Einsicht, mit der das Album zum Vergnügen wird. Album: „Pleasure“(Mad Sounds/Universal)

 ??  ?? Viel Grund zur Freude hatte Songwriter­in Leslie Feist (41) in den vergangene­n Jahren nicht – gerade deswegen ist ihr neues Album so klasse. „Pleasure“heißt das neue Album von Feist.
Viel Grund zur Freude hatte Songwriter­in Leslie Feist (41) in den vergangene­n Jahren nicht – gerade deswegen ist ihr neues Album so klasse. „Pleasure“heißt das neue Album von Feist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany