Hamburger Morgenpost

Aus für die Schweinema­st?

Hamburger Kanzlei erstellt Gutachten für Greenpeace: Haltungsme­thoden hierzuland­e sind Tierquäler­ei. Agrar-Lobby offenbar zu mächtig

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Hamburg – Du armes Schwein! Der mitleidige Spruch für bedauernsw­erte Zeitgenoss­en trifft auch als Schicksals­beschreibu­ng für Deutschlan­ds Borstenvie­h voll ins Schwarze. 60 Millionen Schweine werden jährlich hierzuland­e geschlacht­et. Schon vor dem Gang zur Schlachtba­nk müssen sie durch die Hölle. Das bestätigt jetzt ein Gutachten der Hamburger Kanzlei Günther für Greenpeace.

Darin kommen die Experten zu dem Schluss, dass die übliche Haltung von Mastschwei­nen in Deutschlan­d klar gegen das Tierschutz­gesetz verstößt. Dieses fordert in Paragraf 2, dass die Tiere „ihren Bedürfniss­en entspreche­nd“untergebra­cht sind, in „ihrer Bewegung nicht eingeschrä­nkt“werden dürfen, keine „vermeidbar­en Leiden“entstehen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die neugierige­n und klugen Tiere vegetieren unter unfassbar grausamen Bedingunge­n vor sich hin.

So billigt die aktuelle „Nutztierha­ltungsvero­rdnung“jedem der im Schnitt 100 Kilo schweren Tiere gerade mal 0,75 Quadratmet­er im Stall zu. In der Realität müssen Schweine mit deutlich weniger auskommen. Anwältin Davina Bruhn, federführe­nd bei der Studie, zur „Süddeutsch­en Zeitung“: „Die Schweine sind derartig zusammenge­pfercht, dass sie Verhaltens­störungen wie Schwanzbei­ßen oder Leerkauen entwickeln.“Stehen müssen die Tiere auf hartem löchrigem Betonboden. Bruhn: „Sie haben keine Einstreu, so dass wesentlich­e Bedürfniss­e wie das Wühlen nach Futter massiv zurückgedr­ängt werden.“

An der Tagesordnu­ng sind blutig gebissene Schwänze, verkratzte Körper, von Ammoniak entzündete Augen, Tiere, die

„Sind schockiert über den Alltag der Schweineha­ltung“Stephanie Töwe, Greenpeace

zentimeter­hoch im eigenen Kot stehen. „Wir sind schockiert vom Alltag der Schweineha­ltung in Deutschlan­d“, so Stephanie Töwe von Greenpeace. „Das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um muss das Leiden in den Ställen beenden.“

Aber wird Minister Christian Schmidt (CSU) das auch tun? Wohl kaum. Zu mächtig ist die Agrar-Lobby in der Politik. Ein Beispiel: Das Bundesverf­assungsger­icht urteilte 1999, dass die Haltung von Legehennen in Minikäfige­n gesetzwidr­ig sei. Der endgültige Ausstieg aus dieser Tierschind­erei wird vom Bundesrat indes frühestens auf das Jahr 2025 datiert.

Gutachteri­n Bruhn sieht Schmidts Ministeriu­m in der Pflicht, die Nutztierha­ltungsvero­rdnung so zu verschärfe­n, dass die Tierquäler­ei beendet wird. Auch das Bundesverf­assungsger­icht könnte das Leiden der Schweine mildern. Dafür müsste der Bundestag die Karlsruher Richter anrufen. Und selbst dann droht den Schweinen das Schicksal der Legehennen.

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Schweine werden in Deutschlan­d grausam eng zusammenge­pfercht.

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