Das Erdbeer-Desaster
Kaum Früchte und hohe Preise: Kaltes Wetter vermasselt die Ernte. Wie es jetzt weiter geht
Ruhig schlafen? Das ist derzeit für Erdbeer-Baron Enno Glantz (72) nicht drin. Nachts wacht er alle zwei, drei Stunden auf und guckt sorgenvoll in seine WetterApp. Denn bisher war es viel zu kalt für die Erdbeeren. Jetzt startet die Saison trotzdem so langsam, doch die süßen Früchtchen sind knapp und teuer.
Noch kommen die Erdbeeren, die aktuell in den Lebensmittelgeschäften und auf Märkten verkauft werden, größtenteils aus Spanien. Denn auch in Süddeutschland war es zuletzt so kalt, dass Pflanzen erfroren sind und die Ernte bisher gering ausfällt.
„Wir sind mit der Ernte sieben, acht Tage später dran als sonst“, sagt Enno Glantz. Auf den Feldern in Schleswig-Holstein wird immer noch nicht gepflückt. Die Früchte, die jetzt in den erdbeerförmigen GlantzHäuschen in Hamburg verkauft werden, kommen von seinem Hof in Hohen Wieschendorf (MecklenburgVorpommern) an der Ostsee.
Dort wachsen sie in geschützten Folientunneln. Völlig unzerstörbar sind sie aber auch dort nicht. „Wir haben trotzdem 15 Prozent Einbuße bei der frühen Sorte“, so Glantz. Nun hofft er auf besseres und vor allem wärmeres Wetter in den nächsten Wochen. Die Freiland-Ernte
soll um den 25. Mai herum starten. Zum Himmelfahrts-Wochenende erhoffen sich die Bauern gute Verkaufszahlen bei Erdbeeren und natürlich auch beim Spargel. Bis dahin fallen dann vielleicht auch die Preise schon etwas. Denn wegen der Ernte-Einbußen kostet ein Schälchen Früchte (500 Gramm) aktuell bei Glantz noch 4,20 Euro. Er verspricht aber, dass die Preise auf drei Euro das Pfund sinken, wenn die Saison so richtig Fahrt aufnimmt. Beim größten Erdbeerhof im Süden Hamburgs sieht die Lage ähnlich aus. „Wir haben überhaupt noch nicht geerntet“, sagt Felix Löscher vom Erdbeer- und Spargelhof Löscher in Winsen (Landkreis Harburg). Trotz Folientunneln! „Wir kämpfen enorm mit der Kälte und gehen jetzt am Wochenende das erste Mal durch die Erdbeertunnel.“
Das Problem: Die hohen Fixkosten haben die Bauern trotzdem, auch wenn die Einnahmen noch nicht sprudeln. „Der Arbeitsaufwand ist durch das Wetter enorm“, so Löscher. „Wir sind täglich 100 Mitarbeiterstunden lang damit beschäftigt, die Erdbeeren mit Flies zuzudecken und abzudecken.“Nur damit sie nicht zu kalt werden.
Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein eröffnet die Erdbeersaison offiziell erst Mitte nächster Woche. Denn die kleineren Erdbeer-Höfe haben bisher noch viel zu wenig Früchte an den Pflanzen. „Es sind einfach sehr viele Blüten erfroren“, so Sprecherin Daniela Rixen. Ähnlich mau sieht es bei der Spargelernte aus. Zwar ist sie in diesem Jahr wegen des warmen Märzes sehr früh losgegangen, doch seitdem stagniert sie – es ist zu kalt! Das Ergebnis: Es sind nur wenig Stangen auf dem Markt, und die erste Sorte kostet an regionalen Ständen deutlich mehr als zehn Euro fürs Kilo.