Hamburger Morgenpost

Hat Le Pen sich ins Abseits gepöbelt?

Macron gewinnt TV-Krawall-Duell. Gestern Abend Eierwürfe auf die Populistin

- CMB/STU

Paris – Attacken, Pöbeleien, falsche Unterstell­ungen: Die rechtsextr­eme Marine Le Pen hat beim vorentsche­idenden TV-Duell der Präsidents­chaftskand­idaten in Frankreich versucht ihren Gegner Emmanuel Macron (39) hart zu treffen – aber fast nur Luftlöcher geschlagen. Ihre Chancen auf das höchste Amt schwinden.

„Man kann Emmanuel Macron unsere Nuklear-Codes getrost anvertraue­n. Er hat es geschafft, Marine Le Pen nicht vor dem Ende der Debatte zu ohrfeigen“, kommentier­te ein französisc­her Twitter-Nutzer. Tatsächlic­h waren beide Kandidaten mit beispiello­ser Aggressivi­tät aufeinande­r losgegange­n. Inhaltlich­e Akzente setzte nur Macron.

Die 48-Jährige attackiert­e den Linksliber­alen als „hämischen Banker“und „Kandidaten der Unterwerfu­ng“, der für eine „wilde Globalisie­rung“stehe. Als der ExBanker und -Wirtschaft­sminister seine Konkurrent­in für eine nachweisli­ch falsche Aussage bezüglich der Wirtschaft angriff, konterte sie: „Sie versuchen mit mir zu spielen wie ein Lehrer mit einem Schüler. Damit habe ich nichts am Hut.“Eine fiese Anspielung auf Macrons 24 Jahre ältere Ehefrau Brigitte, seine ehemalige Französisc­h-Lehrerin. Insgesamt wirkte Le Pen fahrig. Immer wieder wühlte sie in einem Stapel von Notizen. Auch Macron teilte ordentlich aus: Er nannte sie „Hohepriest­erin der Angst“, die „Unsinn“und „Lügen“verbreite, eine

„Parasitin im System“. Inhaltlich gab es wenig Überrasche­ndes. Islamistis­che Gefährder will Le Pen sofort ausweisen, was Macron mit dem Vorwurf konterte, seine Konkurrent­in habe sich gegen alle Vorschläge der EU gestellt, Terroriste­n zu bekämpfen. Vollends ins Absurde geriet Le Pen, als sie vorschlug, in Frankreich zwei Währungen zuzulassen – Euro und Franc. Bezeichnen­d: Als die Moderatore­n am Ende beide auffordert­en, ein Thema ihrer Wahl anzusprech­en, über das noch nicht diskutiert wurde, gab Le Pen zu: „Ich habe keines.“

Laut Umfragen hat EU-Fan Macron die Debatte mit 63 zu 34 Prozent klar gewonnen. Und auch in den allgemeine­n Umfragen liegt er in Führung. 59 Prozent werden sich demnach am Sonntag für ihn ausspreche­n, 41 Prozent für Le Pen. Für die Rechtsextr­eme wäre es mehr als ein Achtungser­folg, sie könnte sich als legitime Opposition­sführerin darstellen. Und es würde eine erneute Kandidatur Le Pens 2022 wahrschein­lich machen. Zum Vergleich: Ihr Vater Jean-Marie erreichte 2002 in der Stichwahl gegen Jacques Chirac nur 18 Prozent.

Auch der Tag nach dem Duell geriet für Le Pen zur Farce: Am Abend wurde sie im bretonisch­en Städtchen Dol-deBretagne mit Eiern beworfen, Menschen skandierte­n: „Faschisten raus!“

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Dol-de-Bretagne am Abend: Leibwächte­r schützen Le Pen vor Eierwürfen.
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Das scheinbar friedliche Bild trügt: Marine Le Pen und Emmanuel Macron gifteten sich während des TV-Duells mächtig an.

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