„Ich habe Frauen immer überhöht – und gelitten“
Tom Schilling stellt sein Debüt-Album vor. Der Schauspieler über Musik, Liebe und die Jugend
Als Schauspieler muss sich Tom Schilling nicht mehr beweisen. Jetzt hat er gemeinsam mit der Band The Jazz Kids, die der 35-jährige Berliner bei den Dreharbeiten zum preisgekrönten Film „Oh Boy“kennenlernte, sein Debütalbum „Vilnius“aufgenommen. Darauf: Lieder vom Abgrund mit poetischem Anspruch und in Tradition des deutschen Chansons. Vor seinem Hamburg-Konzert hat die MOPO am Sonntag mit Tom Schilling gesprochen.
MOPO am Sonntag: Herr Schilling, Ihre Platte klingt anders als alles, was man derzeit sonst im deutschen Pop hört. Tom Schilling: Hoffentlich! Ich will dem Ganzen etwas Neues hinzufügen. Denn sonst wäre ich tatsächlich nur einer der Schauspieler, die eine Platte machen. Das fände ich schrecklich. Welche Lücke schließen Sie? Ich habe nicht geguckt, was es für eine Lücke zu schließen gibt. Ich bin irgendwann zu der Überzeugung gekommen, dass ich anders texte und schreibe, meine Musik schwerer und dramatischer ist und sie deswegen eine Daseinsberechtigung hat. In Ihren Liedern geht es viel um die Liebe! Ja, es ist eine Platte über Frauen. Über mich und meine Kindheit. Aber besonders über Frauen. Wie würden Sie Ihr Frauenbild beschreiben? Es ist ein sehr ambivalentes. Es ist natürlich primär geprägt durch meine Mutter und die erste Liebe. Aber vielleicht steckte es auch schon in meiner DNA. Ich habe mich immer schon stark zu Frauen hingezogen gefühlt. Ich erinnere mich an einen Campingurlaub und wie sehr ich es als kleiner Junge genossen habe, bei den älteren Mädchen auf dem Schoss zu sitzen. Die fanden mich süß. Ich trug so einen kleinen Haarschwanz, wie ihn Jungs der DDR damals hatten. Ich habe Frauen immer schon überhöht und auch deshalb gehörig unter ihnen gelitten. Warum sind Ihre Liebeslieder so morbide, wo Sie doch liebestechnisch ein glücklicher Mann zu sein scheinen? Das eine schließt das andere ja nicht aus. Jedenfalls nicht für mich. Erzählen Sie von Ihrer ersten Liebe. Sie war toll, aber leider nicht erfüllt. Deshalb ist die Platte so sehnsuchtsvoll. Ich dürfte meine erste Liebe heute wahrscheinlich nicht mehr treffen, denn in der Erinnerung ist es doch schöner. Es sind die Premieren im Leben, die als einschneidende Momente im Gedächtnis bleiben. Kinderkriegen ist auch so eine. Wie oft macht man Sachen ersten Mal? Von solchen Premieren gibt es nicht mehr viele, wenn man älter wird, aber man kann ein bisschen süchtig nach ihnen werden. Deswegen finden wir unsere Jugend so toll, weil man so unschuldig war und dem ersten Mal ein Zauber innewohnt. zum Auf was für Premieren freuen Sie sich noch? Ich habe zum ersten Mal eine Platte aufgenommen. Auch wenn es für andere nicht so wichtig ist: Mir ist das extrem wichtig, wichtiger noch als ein guter Film, und es ist das Beste, was ich seit Langem gemacht habe. Was will ich noch machen? Ich will heiraten! Nächstes Jahr vielleicht. Wird das dann so eine pompöse Hochzeit mit vielen bekannten Schauspielern auf einem Schloss in der Provence? Es wird eher ein Bauernhof in Meckpomm, würde ich sagen.
Das Interview führte KATJA SCHWEMMERS
Album: Tom Schilling & The Jazz Kids „Vilnius“(Embassy Of Music)
Konzert: 11.5., 20 Uhr, Nochtspeicher, Restkarten