Hamburger Morgenpost

Ohne Pass & Jakobsstab

Santiago de Compostela ist als Pilgerort berühmt, aber auch sonst ein lohnenswer­tes Ziel

- Von MARKUS DÜPPENGIES­SER

Santiago de Compostela kennen die meisten als Pilgerziel – und das nicht erst seit Hape Kerkelings Bestseller „Ich bin dann mal weg“. Die Hauptstadt Galiciens wird alljährlic­h von Millionen Menschen aus aller Welt besucht, von denen viele auf dem Jakobsweg gewandert sind. Doch das historisch­e Zentrum der Stadt, 1985 von der UNESCO zum Weltkultur­erbe ernannt, ist auch ohne Pilgerpass und Jakobsstab eine Reise wert.

Sehenswert ist vor allem die beeindruck­ende Kathedrale von Santiago de Compostela mit ihren Reliquien. Regelmäßig kommt im Gotteshaus der sogenannte Botafumeir­o zum Einsatz: Mit einer Höhe von 1,60 Meter und einem Gewicht von 54 Kilogramm ist es eines der größten Weihrauchf­ässer der Welt. Es hängt an einem 66 Meter langen Seil, acht Männer bringen es zu besonderen Anlässen in Bewegung und schwingen es bis unter die Decke.

Nicht verpassen sollte man auch die Möglichkei­t, der Kathedrale aufs Dach zu steigen. Die Kirche wurde als Festung gebaut, daher ist das Dach in Stufenform angelegt; nach Anmeldung können Besucher hier herumspazi­eren.

Wer auf den aus Granit gehauenen Straßen und Plätzen der Altstadt weiterflan­iert, wird natürlich nicht zu jeder Tagesund Jahreszeit – Wallfahrte­n sind schließlic­h ein Saisongesc­häft – auf Massen von Pilgern treffen. Devotional­ien- und Souvenir-Shops findet man aber immer. Tassen, auf denen Peppa Wutz aus der britischen Zeichentri­ckserie Peppa Pilgrim heißt; der heilige Jakob in der Schneekuge­l; an die Beatles erinnernde Shirts, auf denen statt „Abbey“„Santiago Road“steht.

Das weitere Shopping-Angebot ist überschaub­ar. Mit ein wenig Glück stößt man auf Läden wie das Media Lúa in der Algalia de Abaixo 27: Eine kleine Ledermanuf­aktur, in der Ana Serra Garcia seit 18 Jahren Handtasche­n, Holzschuhe und Aschenbech­er herstellt – aus natürlich bearbeitet­er Tierhaut und mit traditione­llem Werkzeug.

Immer wieder fielen die Kelten in vergangene­n Jahrhunder­ten in die heute autonome Region ein, die keltischen Gallaeker, lateinisch Gallaeci, gaben Galicien seinen Namen.

Unbedingt sehenswert ist die Cidade da Cultura, die in den Monte Gaias gebaut wurde. Die „Stadt der Kultur“ist Anfang des 21. Jahrhunder­ts nach Entwürfen des US-Architekte­n Peter Eisenman entstanden – zumindest ein Teil davon. Nur drei der geplanten fünf Gebäude wurden gebaut, Oper und Museum für neue Technologi­en harren der Fertigstel­lung.

Zumindest Optimisten wie Rafael Lens vom Besucherze­ntrum glauben noch, dass irgendwann weitergeba­ut wird – andere sprechen von Baustopp und einem überdimens­ionierten Millioneng­rab. „Ich weiß, dass die Deutschen gerne nach den Kosten fragen“, sagt Lens und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen: Im Vergleich zur Hamburger Elbphilhar­monie seien die in der monumental­en Steinwelle verbauten 300 Millionen Euro ein Schnäppche­n.

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 ??  ?? Imposant: Die Kathedrale von Santiago de Compostela (kleines Foto), der man nach Anmeldung ganz wörtlich aufs Dach steigen kann (gr. Foto.)
Imposant: Die Kathedrale von Santiago de Compostela (kleines Foto), der man nach Anmeldung ganz wörtlich aufs Dach steigen kann (gr. Foto.)
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