Schmutz-Kampagne auf der Zielgeraden
Heute Entscheidung in Frankreich: Hacker-Attacke gegen Emmanuel Macron. Favorit darf sich zu Vorwürfen nicht mehr äußern. Experten vermuten Russland hinter Angriff
Paris – EU-Fan Emmanuel Macron gegen EU-Hasserin und Putin-Verehrerin Marine Le Pen: Heute kommt es in Frankreich zur entscheidenden Stichwahl um das Präsidentenamt. Macron sieht sich auf den letzten Metern einer Schmutzkampagne ausgesetzt. Beeinf usst diese noch die Wahl?
Er ist schwul. Er hat als Wirtschaftsminister Geld für seinen Wahlkampf veruntreut. Er wäscht sich immer, nachdem er Arbeitern die Hand gegeben hat. Er hat ein dickes Konto in einem Steuerparadies. Seine Mitarbeiter wollen Marine Le Pen töten. Solche und ähnliche Behauptungen und erkennbare Lügen gibt es im Internet und den Netzwerken zuhauf über Macron. Und sie wurden hunderttausendfach weiterverbreitet.
Freitagnacht gab Macrons Wahlkampfzentrale bekannt, dass sie Opfer eines „umfassenden und koordinierten“Hackerangriffs geworden ist. Die Attacke soll schon vor Wochen erfolgt sein. Gestohlen wurden Verträge, E-Mails und Dossiers. Im Netz tauchten Freitagnacht Dokumente auf, die von Macrons Bewegung „En Marche“ stammten, wie diese bestätigte.
Das Problem: Neben authentischen Dokumenten wurden auch gefälschte und offenbar frei erfundene in den Umlauf gebracht. In einem Fall war ein PDF per Photoshop bearbeitet worden, die Fälscher hatten aber vor der (anonym erfolgten) Veröffentlichung im Netz vergessen, die Ebenen des Bearbeitungsprogramms zu löschen.
Für Macron ist der Zeitpunkt ungünstig: In Frankreich dürfen sich die Kandidaten seit Freitag, 24.00 Uhr, nicht mehr äußern. Er kann sich also nicht verteidigen. Le Pen kann aber auch nicht attackieren. Sicherheitsexperten wie die japanische Firma „Trend Micro“oder Vitali Kremez machen die russische Hackergruppe APT28 für den Angriff verantwortlich. Sie soll auch hinter den Cyber-Attacken auf Clinton im USWahlkampf gesteckt haben. Es könnte ein Versuch sein, die unentschlossenen Wähler – immerhin noch jeder fünfte Franzose – daran zu hindern, für Macron zu stimmen. Der lag in den letzten Umfragen bei 62, Le Pen bei 38 Prozent.