Wie aus Liebe ätzender Hass wurde
Dramatisch: Sonja A. schildert, wie ihr Ex-Mann sie im Jobcenter mit Säure überschüttete
Sie kroch auf allen Vieren und mit zusammengekniffenen Augen auf die Tür des Nachbarbüros zu, sie wollte schreien – und konnte nicht: Gestern sagte das Opfer der Säureattacke im Jobcenter Wandsbek vor Gericht aus. Tapfer schilderte Sonja A. (46) den Angriff ihres ExMannes.
Die Stimme der zierlichen Frau klingt leicht rau, und das nicht nur, weil Sonja A. bisweilen mit den Tränen kämpft. Ihre Stimmbänder wurden verätzt, am 24. November 2016, als ihr ExMann ihr ein Glas mit Säure in das Gesicht schüttete: „Ich habe viel in den Mund bekommen, weil ich vor Schreck eingeatmet hatte.“Ihre Haut ist glatt, dank der geistesgegenwärtigen Kollegen, die ihr sofort Gesicht und Augen abspülten.
Die Ex-Eheleute wechseln keinen Blick im Gerichtssaal, Armin B. (56) blättert geschäftig in Unterlagen. In seiner Aussage hatte er sich als Familienvater dargestellt, der von seiner Ehefrau grundlos verlassen und ruiniert worden sei. Als sei er das eigentliche Opfer.
Sonja A. hingegen schildert eine Beziehung, die 2001 mit einer Lüge begann. Armin A. hatte sich der damaligen Studentin gegenüber zehn Jahre jünger gemacht – und seine Kinder aus erster Ehe verschwiegen: „Da wollte ich
mich das erste Mal trennen.“
Das Paar bekommt zwei Söhne (heute 11 und 13). Die Ehe funktioniert nicht, eine Paartherapie scheitert, schließlich trennt sich Sonja A. im Februar 2016. Armin B., ebenfalls beim Jobcenter angestellt, reagiert mit DrohSMS: „Stell dich auf einen Rosenkrieg ein. Ich mache uns alle fertig.“
Sonja A. schildert, wie er ihr das Bauchtanzen verbieten will, wie er behauptet, „Albaner und Afghanen“hätten angeboten, sie zu vergewaltigen. Er sagt den Kindern demnach, „Mama hat jetzt einen
neuen Fic...“, droht, ihrem neuen Partner „die Kehle aufzuschlitzen“: „Mein großer Sohn sagte ,Das ist krank, Papa‘, der Kleine sagte ,Hör
auf, Mama zu beleidigen.‘“Trotz seiner Drohungen wird Armin B. niemals handgreiflich. Sonja A. ist also völlig arglos, als ihr Ex in ihrem Büro auftaucht: „Er reichte mir einen Anwaltsbrief. Ich bin gar nicht zum Lesen gekommen, da schwappte mir schon eine kalte Flüssigkeit ins Gesicht. Er sagte: ,Damit du auch mal merkst, was Schmerzen sind.‘ Ich wollte schreien, aber es kam nur ein Krächzen.“Tagelang lag Sonja A.
„Ich wollte schreien – aber es kam nur ein Krächzen raus.“Sonja A.
„Mein kleiner Sohn fragt nur: Warum? Warum? Warum?“Sonja A.
auf der Intensivstation im künstlichen Koma.
Die Tat des Vaters ist für die Kinder ein entsetzlicher Schock: „Der Kleine hing sehr an seinem Vater. Er hat ihm einen Brief geschrieben, darin steht nur: Warum? Warum? Warum?“
Armin B. verzieht keine Miene. Auch nicht, als seine Ex aussagt, dass sein älterer Sohn jeden Kontakt ablehnt, ihm gar den Tod wünscht. Heute geht der Prozess weiter.