Hamburger Morgenpost

Der leise Abgang der „Hartz-IV-Rebellin“

Inge Hannemann (Linke) scheidet wegen schwerer Erkrankung aus der Bürgerscha­ft aus

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Von RENATE PINZKE

Die als „Hartz-IV-Rebellin“bekannt gewordene LinkenAbge­ordnete Inge Hannemann (49) legt aus gesundheit­lichen Gründen ihr Bürgerscha­ftsmandat nieder. Ihre Erkrankung ist offenbar so schwer, dass die Politikeri­n nicht mehr mit Besserung rechnet.

„Ich bedauere meinen notwendige­n Rücktritt sehr und wünsche meiner Nachfolger­in oder meinem Nachfolger viel Kraft, Ausdauer und viel Erfolg in der opposition­ellen Arbeit“, so Inge Hannemann in einer Erklärung.

Ihr Einstieg in die Politik war geräuschvo­ll. Hannemann machte als JobcenterM­itarbeiter­in bundesweit Schlagzeil­en, weil sie das „System Hartz IV“als „menschenun­würdig“beschrieb und sich weigerte, Langzeitar­beitslose finanziell zu sanktionie­ren. Sie wurde daraufhin von ihrem Posten suspendier­t, Arbeitsger­ichtsverfa­hren folgten, weil Hannemann um ihre Weiterbesc­häftigung kämpfte. Es folgte eine Zwangsvers­etzung in die Sozialbehö­rde, gegen die sich Hannemann ebenso zur Wehr setzte. 2015 kam sie als Abgeordnet­e der Linken in die Bürgerscha­ft, arbeitete im Integratio­nsamt der Sozialbehö­rde. Bereits vor einiger Zeit gingen Gerüchte um, sie könnte ihr Amt als Abgeordnet­e nicht mehr lange ausüben. Ihre Erkrankung schwächte sie, Hannemann aber kämpfte wie gewohnt.

Doch nun muss sie sich auf sich konzentrie­ren. Zum Abschied sagt sie mahnend: „Soziale Gerechtigk­eit kann nur umgesetzt werden, wenn die derzeitige­n desolaten Strukturen rückgängig gemacht werden und die Erwerbslos­en mit Respekt und Menschenwü­rde behandelt werden.“

Die Linksfrakt­ion verliert mit Hannemann eine streitbare Abgeordnet­e. „Inges schwere Erkrankung bestürzt uns sehr. Wir verlieren mit ihr eine zuverlässi­ge und überaus engagierte Kollegin“, so die Donnerstag, 11. Mai 2017 beiden Fraktionsv­orsitzende­n Cansu Özdemir und Sabine Boeddingha­us. „Uns werden nicht nur ihre Fachkenntn­is fehlen, sondern auch ihre Energie und ihre Herzlichke­it.“

Laut Nachfolge-Liste kann Manuela Pagels für Hannemann nachrücken. Sie sitzt derzeit in der Bezirksver­sammlung Eimsbüttel, stammt aus der Lenzsiedlu­ng und macht sich vor allem für das Thema Sozialbind­ung von Wohnraum stark. Derzeit ist unklar, ob sie das Bürgerscha­ftsmandat übernehmen wird.

„Ich bedauere meinen notwendige­n Rücktritt sehr.“Inge Hannemann (49)

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Hannemann sorgte für bundesweit­es Aufsehen, als sie als Jobcenter-Mitarbeite­rin Hartz IV kritisiert­e. Gegen die Suspendier­ung zog sie vor Gericht. Gut zwei Jahre saß sie als arbeitsmar­ktpolitisc­he Sprecherin der Linken in der Bürgerscha­ft: Nun muss...

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