Was unser Schiet alles hergibt
Strom, Gas, Wärme – und bald auch Phosphor: Was im Klärwerk aus dem gemacht wird, was wir die Leitung runterspülen
Täglich verrichten wir unser Geschäft auf dem stillen Örtchen, gehen duschen, waschen Wäsche. Dabei gelangen in Hamburg pro Tag bis zu einer Million Kubikmeter Abwasser ins Klärwerk (7000 Badewannen voll). Doch die stinkende Brühe ist längst kein Abfall mehr – sondern ein wertvoller Rohstoff.
Das Klärwerk Köhlbranddeich mit Blick auf den schräg gegenüberliegenden Elbstrand: Hier landet nahezu das gesamte Abwasser aus dem Stadtgebiet Hamburgs – und das sind Unmengen! 150 bis 160 Millionen Kubikmeter werden in dieser Anlage jährlich aufbereitet. Und hierbei gewinnt „Hamburg Wasser“längst mehr Energie, als das Unternehmen in den Klärwerken selbst verbraucht.
Strom aus Schiet
Damit aus dem Hamburger Schiet Energie wird, sind mehrere Schritte notwendig: Im Klärwerk wird das Abwasser zunächst von groben Stoffen getrennt, anschließend gesiebt und gereinigt. Dabei fällt unter anderem Schlamm an, der in die Faultürme kommt. Im Faulschlamm lösen sich unter anderem Faulgase wie Methan. Aus dem Gas wiederum können im Klärwerk täglich bis zu 176 000 Kilowattstunden Strom (das entspricht dem jährlichen Bedarf von 70 Haushalten!) und 91500 Kilowattstunden Wärmeenergie (reicht für knapp 1700 Haushalte) erzeugt werden.
„Wir wollen die weltweit erste Anlage zur PhosphorGewinnung bauen.“M. Beckereit, Hamburg Wasser
Aus Faulgas wird Biogas
Ein Teil des entstehenden Gases wird in einer speziellen Anlage zu umweltfreundlichem Biogas aufbereitet und in das Hamburger Gasnetz eingespeist. Das jährlich im Klärwerk hergestellte Gas würde für 33,6 Millionen Kilometer mit dem Auto reichen, rechnet Michael Beckereit, Sprecher der Geschäftsführung von „Hamburg Wasser“, vor.
Bis 2020 will das Unternehmen seine Gasproduktion mit einer weiteren Aufbereitungsanlage um 73 Prozent auf dann 41 Millionen Kilowattstunden jährlich erhöhen.
Gewinnung von Phosphor
„Hamburg Wasser“plant die weltweit erste Anlage Phosphor-Gewinnung. Deutschland hat keine Reserven des Rohstoffes, der vor allem für die Herstellung
Täglich landen bis zu 7000 Badewannen voll Abwasser im Klärwerk.
zur von Dünger verwendet wird, muss ihn aus dem Ausland importieren. Nur vier Länder besitzen rund 80 Prozent an den weltweiten Phosphatgestein-Reserven, die wirtschaftlich abbaubar sind, darunter Marokko und China.
Umso wichtiger ist das, was „Hamburg Wasser“nun vorhat: „Wir wollen Phosphor aus dem Abwasser zurückgewinnen“, sagt Michael Beckereit. Das Unternehmen testete zwei Jahre lang unterschiedliche Verfahren. Jetzt ist im Klärwerk am Köhlbrandhöft eine Anlage geplant,
die schon im kommenden Jahr fertiggestellt sein soll. Kostenpunkt: 15 Millionen Euro. „Wir könnten dann jährlich rund 20000 Tonnen Klärschlamm nutzen, um daraus das Industrieprodukt Phosphorsäure
zu gewinnen“, erklärt Beckereit.
So wird der Schiet der Stadt zu einer Art nicht versiegenden Rohstoffmine – das ist bisher weltweit einzigartig. Wer hätte das gedacht.