Der Klavier-Star mit Der Stier-Maske
Zwischen Größenwahn und Versteckspiel: Pianist Lambert im Interview
Bands wie Deichkind, Tocotronic und Schnipo Schranke bestellen bei ihm Klavierversionen ihrer Songs, Klassikfans feiern ihn ebenso wie Indiepopaber per – niemand weiß, wer der Pianist Lambert wirklich ist. Der Mittdreißiger wurde in Hamburg geboren, lebt in Berlin, hat früher in Garagenrockbands gespielt – und tritt nie ohne seine sardische Stier-Maske auf. Die MOPO hat mal nachgefragt, was das soll.
MOPO: Sie sind der Pianist mit Maske. Spricht deshalb alle Welt
über Sie? Lambert: Gut möglich, dass die Maske mir in Sachen Aufmerksamkeit geholfen hat. Aber alles darauf zu schieben, funktioniert nicht, weil der Effekt sich abnutzt. Es muss eine gewisse Qualität in der Musik liegen.
Ist die Maske dennoch ein Mittel zum Zweck, um Klassik interessanter zu machen?
Ich trage sie zum einen aus Scham – ich will mich also verstecken. Zum anderen möchte ich die Freiheit haben, auf der Bühne jemand anderes zu sein. Mit Maske fühle ich mich nicht in der Pflicht, etwas darzustellen, das zur Musik passt. Denn wenn man klassische Musik macht, erwarten die Leute, dass man ein wahnsinnig authentischer Typ ist. Die Maske ist ein Charakter, das nimmt mir viel Druck. Und wenn ich einen Fehler mache, sage ich: „Lambert hat
heute
Quatsch gemacht.
Warum hat Ihre Maske Hörner?
Das gibt mir eine gewisse Größe. Und die passt wiederum zum Namen: Lambert kommt von Land-Oberst; heißt also Oberster im Land. Ich habe mir quasi selbst die Krone aufgesetzt. Diesen Anflug von Größenwahn kann ich nur als Charakter ausleben. Lambert darf machen, was er will.
Schwitzt man unter nicht schrecklich? der
Feierabend.“
Maske
Sie hat einen guten Durchzug, aber sie drückt – ich habe schon etwas Hornhaut an der Nase bekommen! Aber die Vorteile, die ich durch sie habe, lassen mich diese Qual gerne weiterhin ertragen.
Ihr neues Album heißt „Sweet Apocalypse“und klingt mitunter eher lieblich als düster.
Ich wollte den süßen Erlösungsmoment beschreiben und nicht die typische Musik zu einem Weltuntergangsfilm machen, was ja viel unheimlicher wäre. Es ging mir um die Frage, ob die Apokalypse nicht auch einen süßen Kern hat und die Angst vor dem Ende der Welt nicht immer gekoppelt ist mit einer Hoffnung. Was hat Sie dazu inspiriert? Dass ich wahnsinnig viele Endzeitfilme geguckt habe! Solche Sachen wie „Mad Max“und „Waterworld“haben mich immer schon fasziniert. Ich habe das alles aufgesogen, gerade auch die Bilderwelten. Für das neue Album habe ich deshalb mit der Berliner Künstlerin Moki zusammengearbeitet, die für jedes Lied ein apokalyptisches Bild gemacht hat.
Wie das Bild auf dem Album-Artwork?
Genau. Ich gab Moki den Tipp, „Mad Max: Fury Road“anzugucken. Darin gibt es eine Szene, wie die Menschen in riesige Wolken hineinfahren. Auch der Film „The Road“, in dem ein Vater mit Sohn überleben muss, wurde mit den zwei Menschen auf dem Albumcover zitiert. Und dass der Vater einen Rucksack trägt, ist angelehnt an „The Book Of Eli“mit Denzel Washington. Die Bedrohlichkeit von Mokis Wolken hat übrigens dazu geführt, dass ich in den Mittelteil des Titelstücks noch Blasinstrumente und Streicher eingearbeitet habe. Ich wollte der Apokalypse gerecht werden.
Das Interview führte KATJA SCHWEMMERS Resonanzraum: 18.5., 20 Uhr, Hochbunker Feldstraße 66, ausverkauft! Elbphilharmonie: 23.12., 20 Uhr, ausverkauft!
Album: „Sweet Apocalypse“