Von St. Pauli nach Südkorea
Svend Brodersen lebt seinen Traum: Keeper ist mit der U20 des DFB bei der WM am Start
Müsste man der Gefühlslage „pure Freude“ein Gesicht verleihen, jenes von Svend Brodersen hätte aktuell die besten Aussichten, genommen zu werden: Für St. Paulis Torwart-Talent geht mit der Teilnahme an der U20WM in Südkorea ein Traum in Erfüllung.
„Ich war noch nie auf einem anderen Kontinent“, erzählte der 20-Jährige, ehe er am vergangenen Sonntag von Fuhlsbüttel aus das Abenteuer startete. „Und länger als drei Stunden bin ich bisher noch nicht geflogen.“Das ist inzwischen Geschichte. Und es wird nicht die einzige neue Erfahrung sein, die der Hamburger Jung in diesen Tagen sammeln kann. Bei Teamkollege Kyoung Rok Choi hat er sich im Vorfeld über das Gastgeberland schlaugemacht. „Er hat mir das ein oder andere Wort beigebracht“, sagte Brodersen und ergänzte lachend: „Ich weiß, dass ich mir dort auf keinen Fall in der Öffentlichkeit die Nase putzen darf.“
Dass er es überhaupt ins deutsche Aufgebot von Trainer Guido Streichsbier geschafft hat, wertet der Abiturient als unschätzbaren Erfolg. „Ich hatte mich schon riesig gefreut, im vorläufigen 35er-Kader gewesen zu sein“, meinte Brodersen. Es dann ins finale 21-köpfige Aufgebot zu packen, „da hatte ich mir keine großen Chancen ausgerechnet. Aber ich habe mich im Training reingehauen“. Mit Erfolg! Jetzt kämpft er mit Moritz Nicolas (Mönchengladbach) und Dominik Reimann (Dortmund) um den Platz zwischen den DFBPfosten, ehe es am Sonnabend im ersten Spiel gegen Venezuela geht. Die weiteren VorrundenKontrahenten heißen Mexiko und – Vanuatu! „Den Namen habe ich zum ersten Mal gehört und gleich mal geschaut, wo das liegt. Aber dann habe ich gesehen: Meine Schwester wohnt gleich um die Ecke.“In Neuseeland nämlich. Schlanke 2500 Kilometer südlich.
Deutlich näher ist Brodersen da an St. Paulis ProfiTeam dran. Vor zehn Tagen wurde sein Vertrag bis Sommer 2019 verlängert, auch auf dem Kiez hält man große Stücke auf den bescheidenen 1,88-Meter-Mann, der seit seinem vierten Lebensjahr Braun und Weiß trägt (exklusive zwei Exkurse zum ETV). „Ich bin sehr froh, mit Torhütern wie Philipp Heerwagen und Robin Himmelmann unter Mathias Hain trainieren zu können. Und ich bin dankbar für die Spielpraxis in der U23.“Denn es sei zwar „unglaublich“, sich als zweiter Keeper am Millerntor überhaupt nur warmmachen zu dürfen. „Aber am Ende helfen einem nur Einsätze“, weiß Brodersen.
Einsätze, die er irgendwann mal in der ersten Mannschaft haben will? „Ich bin doch erst 20!“, protestierte er entschlossen. „Aber ich bin ein Typ, der Dinge immer ganz oder gar nicht macht.“ Ergo entscheidet er am Ende selbst, ob er wie einst „Pfostenflüsterer“Achim Hollerieth (Brodersen: „Ich mag die Mentalitätstorhüter wie ihn besonders“) irgendwann einmal das braunweiße Gehäuse bei den Profis hütet.
Aber das ist für den Hobby-Schlagzeuger und -Pianisten noch Zukunftsmusik. Jetzt ist erst einmal WM. WM! „So etwas“, sagte Svend Brodersen und schüttelte immer noch ungläubig den Kopf, „hat man wohl nur einmal im Leben.“