Hamburger Morgenpost

Von St. Pauli nach Südkorea

Svend Brodersen lebt seinen Traum: Keeper ist mit der U20 des DFB bei der WM am Start

- Von St. Pauli berichtet STEFAN KRAUSE s.krause@mopo.de

Müsste man der Gefühlslag­e „pure Freude“ein Gesicht verleihen, jenes von Svend Brodersen hätte aktuell die besten Aussichten, genommen zu werden: Für St. Paulis Torwart-Talent geht mit der Teilnahme an der U20WM in Südkorea ein Traum in Erfüllung.

„Ich war noch nie auf einem anderen Kontinent“, erzählte der 20-Jährige, ehe er am vergangene­n Sonntag von Fuhlsbütte­l aus das Abenteuer startete. „Und länger als drei Stunden bin ich bisher noch nicht geflogen.“Das ist inzwischen Geschichte. Und es wird nicht die einzige neue Erfahrung sein, die der Hamburger Jung in diesen Tagen sammeln kann. Bei Teamkolleg­e Kyoung Rok Choi hat er sich im Vorfeld über das Gastgeberl­and schlaugema­cht. „Er hat mir das ein oder andere Wort beigebrach­t“, sagte Brodersen und ergänzte lachend: „Ich weiß, dass ich mir dort auf keinen Fall in der Öffentlich­keit die Nase putzen darf.“

Dass er es überhaupt ins deutsche Aufgebot von Trainer Guido Streichsbi­er geschafft hat, wertet der Abiturient als unschätzba­ren Erfolg. „Ich hatte mich schon riesig gefreut, im vorläufige­n 35er-Kader gewesen zu sein“, meinte Brodersen. Es dann ins finale 21-köpfige Aufgebot zu packen, „da hatte ich mir keine großen Chancen ausgerechn­et. Aber ich habe mich im Training reingehaue­n“. Mit Erfolg! Jetzt kämpft er mit Moritz Nicolas (Mönchengla­dbach) und Dominik Reimann (Dortmund) um den Platz zwischen den DFBPfosten, ehe es am Sonnabend im ersten Spiel gegen Venezuela geht. Die weiteren VorrundenK­ontrahente­n heißen Mexiko und – Vanuatu! „Den Namen habe ich zum ersten Mal gehört und gleich mal geschaut, wo das liegt. Aber dann habe ich gesehen: Meine Schwester wohnt gleich um die Ecke.“In Neuseeland nämlich. Schlanke 2500 Kilometer südlich.

Deutlich näher ist Brodersen da an St. Paulis ProfiTeam dran. Vor zehn Tagen wurde sein Vertrag bis Sommer 2019 verlängert, auch auf dem Kiez hält man große Stücke auf den bescheiden­en 1,88-Meter-Mann, der seit seinem vierten Lebensjahr Braun und Weiß trägt (exklusive zwei Exkurse zum ETV). „Ich bin sehr froh, mit Torhütern wie Philipp Heerwagen und Robin Himmelmann unter Mathias Hain trainieren zu können. Und ich bin dankbar für die Spielpraxi­s in der U23.“Denn es sei zwar „unglaublic­h“, sich als zweiter Keeper am Millerntor überhaupt nur warmmachen zu dürfen. „Aber am Ende helfen einem nur Einsätze“, weiß Brodersen.

Einsätze, die er irgendwann mal in der ersten Mannschaft haben will? „Ich bin doch erst 20!“, protestier­te er entschloss­en. „Aber ich bin ein Typ, der Dinge immer ganz oder gar nicht macht.“ Ergo entscheide­t er am Ende selbst, ob er wie einst „Pfostenflü­sterer“Achim Hollerieth (Brodersen: „Ich mag die Mentalität­storhüter wie ihn besonders“) irgendwann einmal das braunweiße Gehäuse bei den Profis hütet.

Aber das ist für den Hobby-Schlagzeug­er und -Pianisten noch Zukunftsmu­sik. Jetzt ist erst einmal WM. WM! „So etwas“, sagte Svend Brodersen und schüttelte immer noch ungläubig den Kopf, „hat man wohl nur einmal im Leben.“

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 ??  ?? Alltag und Abenteuer: Für St. Pauli fliegt Svend Brodersen schon seit seinem vierten Lebensjahr den Bällen hinterher (l.). Den DFB-Dress (r.) trägt er eher selten – so wie jetzt bei der U20-WM in Südkorea.
Alltag und Abenteuer: Für St. Pauli fliegt Svend Brodersen schon seit seinem vierten Lebensjahr den Bällen hinterher (l.). Den DFB-Dress (r.) trägt er eher selten – so wie jetzt bei der U20-WM in Südkorea.
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