Aufstand gegen den üsten-Griesgram
Stürzt nach Albig auch der SPD-Landeschef Stegner? Immer neue Rücktrittsforderungen von der Parteibasis im Norden
Schlammschlacht in Schleswig-Holstein.
„Ralf Stegner ist unbeliebt und unwählbar.“
Andreas Breitner, Ex-Innenminister, über den SPD-Landeschef
Die Schlammschlacht in der Nord-SPD ist eröffnet: Nach dem angekündigten Rückzug von Ministerpräsident Torsten Albig (53) geht es nun in Schleswig-Holstein um den Kopf von Landeschef Ralf Stegner (57). Am scharfzüngigen, meist finster dreinblickenden DauerTV-Talker scheiden sich die Geister. Jetzt stufte der frühere SPD-Innenminister Andreas Breitner seinen Parteifreund zum „unwählbaren Ballast“herab.
Noch kämpft Stegner – der Ex-Harvard-Student gilt als intelligent und schlagfertig, aber auch als polarisierender Ideologe und Miesepeter – um die letzte verbliebene Machtoption in Kiel. Er verschickte Einladungen an Grüne und FDP zur Sondierung in Richtung „Ampel-Koalition“– zumal eine Vorbedingung der FDP, der Verzicht von Albig, nun erfüllt ist. FDP-Chef Wolfgang Kubicki unterstellte Stegner dennoch einen „kompletten Realitätsverlust“. Damit steht so gut wie fest: Sollten die Sondierungen für eine Jamaika-Koalition von CDU, FDP und Grünen keinen Erfolg haben, drohen Neuwahlen.
Ob Ralf Stegner dann noch die SPD mit anführt, ist fraglich. „Er ist in weiten Teilen der Bevölkerung unbeliebt und unwählbar“, schimpfte Breitner gegenüber den „Kieler Nachrichten“. Stegner könne sich nicht zurücknehmen und werde „auch folgenden Spitzenkandidaten wie Ballast um den Hals hängen.“Er legte Stegner nahe, sich an Hannelore Kraft in NRW zu orientieren und zurückzutreten. Doch Stegner, einer der Wortführer der SPD-Linken, reagierte pikiert bis gereizt. Über Facebook kanzelte er seine Kritiker regelrecht ab.
Teile der SPD-Basis können sich Breitner selbst als Spitzenkandidaten vorstellen, so der Lübecker SPD-Politiker Ingo Schaffenberg. Doch Breitner gilt als Rechtsaußen seiner Partei. Er hatte sich 2014 aus „familiären Gründen“Knall auf Fall vom Ministeramt zurückgezogen und leitet nun den Verband der Wohnungsunternehmen in Hamburg. Was ihm nicht wenige Genossen bis heute verübeln.
Breitner brachte in dem Interview nicht sich selbst, sondern gleich sechs Kandidaten, darunter VizeParteichefin Bettina Hagedorn, als „sehr geeignet“ins Gespräch. Doch Hagedorn wies den Breitner-Vorstoß in den „Kieler Nachrichten“prompt als „schäbig“zurück. Breitners weitere Vorschläge: die Bundestagabgeordneten Sönke Rix und ErnstDieter Rossmann, Simone Lange (OB in Flensburg), der Hochschulexperte Martin Habersaat sowie Kiels SPDOberbürgermeister Ulf Kämpfer (44). Auch Bildungsministerin Britta Ernst, die Frau des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz, wird von einigen Genossen als denkbare Kandidatin gesehen.
Die Luft wird für Stegner zunehmend dünner: Der Kreisverband Nordfriesland forderte einstimmig dessen Rücktritt. „Das Kleben an Ämtern ist nicht angebracht“, hieß es.