Hamburger Morgenpost

Wie sieht Hamburg in 50 Jahren aus?

Interview Nach 18 Jahren tritt er als Oberbaudir­ektor ab: Jörn Walter (60) über hässliche Bauten, Hochhäuser und die HafenCity

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Er prägte HafenCity und Innenstadt, St. Pauli und Wilhelmsbu­rg, wurde heftig kritisiert und war stets mit vollem Herzen bei der Sache: Nach 18 Jahren gibt Oberbaudir­ektor Jörn Walter (60) sein Amt ab. Die MOPO sprach mit ihm über hässliche Neubauten, Hochhäuser und Hamburgs Zukunft.

MOPO: Ist das Amt des Oberbaudir­ektors ein Traumjob? Jörn Walter:

In meinem Beruf ist es eine der schönsten Stellen, die man in Deutschlan­d bekommen kann. Weil Hamburg die schönste Millionens­tadt ist, die wir haben, und weil es großartige Aufgaben hier gibt.

Was sehen Sie als Ihren größten Erfolg in den 18 Jahren?

Es gibt kleine und große Erfolge. Die großen Projekte spielen natürlich eine wichtige Rolle, etwa der Sprung nach Süden. Nach außen hin ist die HafenCity vielleicht das bedeutungs­vollste Projekt, das ich städtebaul­ich mitgestalt­en So könnte der geplante Elbtower an den Elbbrücken aussehen – Walter kann sich weitere Hochhäuser vorstellen. konnte.

Viele Hamburger fremdeln aber mit der HafenCity…

Es ist nicht ungewöhnli­ch, dass man sich an einen neuen Stadtteil gewöhnen muss. Es ist doch so: Es hat 200 Jahre gedauert, bis die Leute gesagt haben, die Neustadt gehört zu Hamburg. Ich habe den Eindruck, dass viele ihren Frieden mit der HafenCity geschlosse­n haben. Und je mehr sie wächst, desto positiver wird sie wahrgenomm­en.

Sind Hamburgs viele Projekte ein Zeichen von Aufbruch?

Hamburg hat seit Mitte der 90er Jahre einen großen Sprung nach vorne gemacht. Die Stadt ist offener geworden, ist ambitionie­rte Projekte angegangen. Mit dem Ergebnis, dass Hamburg neue Facetten hinzugewon­nen hat und sichtlich attraktive­r geworden ist. Die Elbphilhar­monie ist eines der schönsten und besten Gebäude, die in den vergangene­n 20 Jahren auf dieser Welt errichtet wurden. Sie macht Mut, mal etwas zu riskieren.

Während die großen Projekte Strahlkraf­t haben, verschwind­en in den Stadtteile­n alte Gebäude und werden durch gesichtslo­se Neubauten ersetzt. Ist das Ihre Verantwort­ung?

Ich teile diese Meinung nicht. Es gibt unter den vielen Bauprojekt­en in der Stadt natürlich auch solche Fälle. Aber wenn Sie zum Beispiel in die Finkenau gehen und sich die Stadthäuse­r dort anschauen, würde ich dem Eindruck widersprec­hen wollen. Das ist höchst ambitionie­rt.

Wenn Sie durch die Stadt fahren, denken Sie dann manchmal: Meine Güte, ist das hässlich?

Klar. Bei manchen Gebäuden denke ich: Da hätte man sich vielleicht doch mehr Mühe geben können.

Ihnen wurde eigenen vorgeworfe­n, keinen Stil entwickelt zu haben, der Hamburg prägt.

Das ist in Teilen begründet, weil ich der Auffassung bin, dass wir kontextuel­l im Zusammenha­ng mit den Nachbarsch­aften bauen müssen. Deswegen werden an verschiede­nen Orten auch sehr verschiede­ne städtebaul­iche und architekto­nische Modelle verfolgt. Ich bin nicht der Meinung, wir müssen überall das Gleiche bauen.

Was sehen Sie rückblicke­nd als Niederlage an?

Ich war immer der Meinung, dass die Bibliothek am Domplatz ein schönes Projekt und ein großartige­r Beitrag zur Belebung der Innenstadt gewesen wäre. Und das Nein zu Olympia gehört mit zu den tragischen Dingen meines langen Berufslebe­ns in Hamburg. Die besten Planungen, die ich überhaupt in meinem Leben gemacht habe, waren die Olympia-Planungen. Ich bedaure nach wie vor sehr, dass das nichts geworden ist.

Der Senat hat ein rasantes Wohnungsba­uprogramm am Start. Um das alles hinzubekom­men, sollen jetzt einheitlic­he Bauten aus dem Boden gestampft werden. Das muss Ihnen doch in der Seele wehtun?

„Klar denke ich auch mal: Ist das hässlich!“ „Schulen müssen unsere wichtigste­n Gebäude sein.“

Nein. Als Planer muss man sagen, dass der Wohnungsba­u eine der ganz großen Herausford­erungen ist, vor der wir stehen. Es geht um Quantität, wir brauchen einfach mehr Wohnungen, aber es geht auch um ihre Bezahlbark­eit. Deshalb müssen wir schauen, wie man im Bauen wieder kostengüns­tiger werden kann. Dazu gehört das serielle Bauen. Also ein Bautyp, der immer wieder gebaut wird. Natürlich kommt es dabei auf das richtige Maß an, wir wollen schließlic­h keine monotonen Quartiere.

Wenn wir brauchen, doch ideal. mehr wären Wohnungen Hochhäuser

Hamburg ist keine Hochhaus-

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Eines seiner wichtigste­n Projekte hat Jörn Walter aus seinem Büro immer im Blick: den Wilhelmsbu­rger Inselpark mit den IBA-Häusern.
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