„Ultras wirken auf mich wie eine Großfamilie“
Von BERND PETERS
Er ist selbst glühender Fußball-Fan. Charly Hübner (44) fiebert mit dem SV Werder Bremen und der deutschen Nationalmannschaft mit, ist in mehreren Fan-Clubs Mitglied. Am Sonntag mischt sich der Berliner im „Polizeiruf 110“(ARD, 20.15 Uhr) jetzt beruflich unter die Szene, ermittelt als Kommissar „Bukow“unter gewaltbereiten Anhängern. In der MOPO erzählt er, wie er Ultras und Hooligans beurteilt – und erklärt seine eigene Fan-Liebe.
„Ich bin leidenschaftlicher großer Fußballfan“, erklärt Hübner, „von offensiv technischem Fußball, taktisch und torreich gespielt. Zinedine Zidane, Xavi, Johan Micoud, Thierry Henry, Iniesta, Toni Kroos – das sind Lieblingsspieler von mir. Und Werder Bremen verfolge ich mit treuer Brust seit Anfang der 90er, auch in Krisen wie in den letzten Jahren.“
Dementsprechend kann er beurteilen, ob die (fiktive) HooliganTruppe „Red Rostocks“, gegen die er im Krimi quasi undercover ermittelt, realitätsnah ist.
Immerhin waren einige reale FanGruppierungen, u. a. auch vom 1. FC Köln, Vorbild für die Filmemacher, einige der Komparsen waren sogar echte Ultras. „Es gibt für die Arbeit an so einem Kriminalfilm durchaus Parallelen zu bestehenden Ultraverbänden“, sagt auch Hübner. „Was viele, aber auch nicht alle eint, ist die Bereitschaft, sich in einer ,dritten Halbzeit‘ zu prügeln.“
Spätestens hier hören für Hübner die Parallelen zum eigenen Fan-Dasein auf. „Die machen Randale, und das heißt unnötig viel Ärger und Geheimnisse und Parallelgesellschaft. Mir hat man mal zu dem Thema gesagt: ,Es gibt nichts Geileres, als in einem Mob durch eine fremde Stadt zu ziehen und Ärger zu machen! Es gibt kein geileres Gefühl, als für die Ehre des Vereins und für die Ehre der Stadt durch Einkaufszonen zu ziehen und zu zeigen, dass man da ist und vor nichts und niemandem zurückschreckt.‘“Kann er das nachvollziehen? „Es geht um Zusammenhalt“, erklärt Hübner, „um eine Art Ehre, ein Gefühl von Zugehörigkeit. Es wirkt auf mich wie eine Großfamilie, die sich in dieser Subkultur über eigene Regeln, Rituale und Strukturen definiert und identifiziert.“
Hübner betont: „Wie fast alle Subkulturen bietet er etwas, was ein bürgerlicher Lebensentwurf nicht bieten kann, und es ist für viele der Anker.“