Jeremy Corbyn, ein Marxist wie aus dem vorigen Jahrhundert
Der 68-Jährige setzt auf eine Verstaatlichungsorgie und verspricht Wohnungen
Eigentlich war Jeremy Corbyn politisch schon tot: Damals, im Juni 2016, als die Briten mit hauchdünner Mehrheit für den Ausstieg aus der EU stimmten. Viele empfanden, das sei auch eine Niederlage Corbyns gewesen. Denn der heute 68-jährige Labour-Chef hatte den drohenden Brexit zu bekämpfen versucht, indem er auf die EU einprügelte. Und hatte damit wohl eher den UKIP-Nationalisten (eine rechte Anti-Europa-Partei) geholfen. Doch den sich anschließenden Aufstand unter den Labour-Abgeordneten schlug der einst als Hinterbänkler gestartete Alt-Marxist nieder. Und steht plötzlich wie ein Hoffnungsträger da, obwohl sein Programm Erinnerungen an das Großbritannien der 70er Jahre weckt: Er möchte Bahn und Wasserversorgung verstaatlichen, verspricht den Bau von Millionen neuer Wohnungen. Brexit? Terror? Corbyn spricht lieber über milliardenschwere Wohltaten, die Besteuerung von Gutverdienern, führt ansonsten einen „AntiEstablishment-Wahlkampf “, der auch wieder UKIP-Wähler anspricht. Kritiker stoßen sich an Corbyns politischen Wirrungen, seiner Nähe zu IRA-Terroristen oder zur extremistischen Hamas- und Hisbollah-Miliz, die er als „Freunde“bezeichnete. Den Brexit möchte auch er nicht rückgängig machen – und ihm am liebsten eine zweite Variante hinterherschieben: den Austritt der Briten aus der NATO.