Hamburger Morgenpost

In Rekordzeit verzockte Theresa May den Vorsprung

Pro-Europäerin, dann Brexit-Vollstreck­er: Viele Widersprüc­he säumen ihren Weg

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Sie hat einen Tick für ausgefalle­ne Pumps, gern Leoparden-gemustert oder pink. Und sie meidet Menschenan­sammlungen, sofern es das Amt zulässt, sodass sich zuletzt immer mehr Briten fragten: Wer ist diese 60-jährige Bewohnerin von Downing Street No. 10, die das Land in Zeiten einer beispiello­sen Serie von Terroransc­hlägen und von Brexit führt? Dieses „Fremdeln“zu überwinden – May half ihren Landsleute­n nicht gerade dabei, als sie sich jüngst einem direkten TV-Duell mit Herausford­erer Jeremy Corbyn verweigert­e.

Es war nicht der einzige Fauxpas der unsicher wirkenden Konservati­ven: Früher trat sie als EU-Befürworte­rin auf (wenn auch mit „angezogene­r Handbremse“), warb zuletzt aber für einen „harten Brexit“, also den EU-Austritt Großbritan­niens ohne Freihandel­sabkommen mit der EU oder Ähnlichem. Überzeugen­d wirkte das nicht und brachte ihr den Spitznamen Theresa „Maybe“ein – „vielleicht“. Ebenso überzeugte nicht, dass sie sich jetzt als konsequent­e Terrorbekä­mpferin echauffier­t, in ihrer Zeit als Innenminis­terin aber 20000 Polizisten-Stellen streichen ließ. Und irgendwann kam sie auf die grandiose Idee, ältere Briten über höhere Eigenleist­ung für die Pflege zu schröpfen, was umgehend als „Demenzsteu­er“für Empörung sorgte. Jüngste Umfragen gehen von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Tories und Labour aus – mit einem leichten Vorsprung für May.

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