Auf und ab zwischen Wein und Burgen
Malerische Ausblicke: Rheinsteig und RheinBurgenWeg führen durch das UNESCO-Welterbe Mittelrheintal
HVon ANKE GEFFERS
ätte ich das gewusst, wäre ich sicher nicht so leichtfertig auf den Vorschlag, drei Tage lang jeweils knapp 20 Kilometer zu wandern, eingegangen. Der Rheinsteig und der RheinBurgenWeg sind nicht nur zwei der schönsten und abwechslungsreichsten Wanderwege Deutschlands, sie gehören auch zu den anspruchsvollsten. Bergauf, bergab, von Hügel zu Hügel und von Burg zu Burg. Wer das UNESCO-Welterbe Mittelrheintal zu Fuß entdecken will, sollte eine gute Kondition haben.
Um den Rest müssen sich Wanderer nicht kümmern. Der wird einerseits von der Natur gratis geliefert. Und andererseits von all denjenigen, die sich entlang des Weges um Übernachtungsmöglichkeiten, Gepäcktransport und Bänke mit Aussicht kümmern, perfektioniert. Gastgeber am Wegesrand haben sich auf Wanderer eingestellt. Das Hotel im Schulhaus in Lorch gehört auch dazu. Aus der ehemaligen Schule wurde ein stilvolles DreiSterne-Hotel. Nach dem Frühstück bekommen Wanderer ein Lunchpaket und schon geht’s los, die erste Steigung beginnt gleich hinter dem Hotel. Wenn das so weitergeht, werde ich wohl nicht weit kommen. Aber zum Glück sind die Hügel zwar steil, aber nicht besonders hoch. Der Rest dieser 17 Kilometer langen Tagesetappe ist dann für Flachländer recht einfach zu gehen, durch Weinberge und Wälder, mit Blick auf das linke Rheinufer nach Bacharach oder auf die Burgen Heimbach und Fürstenberg. Sogar eine Landesgrenze passieren wir: die von Hessen nach Rheinland Pfalz. Hier regiert der Grenzvogt, besser gesagt, Axel Gundlach. Er hat einen Weinstand mitten auf dem Weg eingerichtet, das rheinische Pendant zum Biergarten. Riesling, Grauburgunder, Bratwurst? Wir nehmen nur ein Wasser und freuen uns über die Pause im Schatten. In Kaub, einem typischen Rheinstädtchen mit schiefergedeckten Häusern und der Burg Pfalzgrafenstein mitten im Rhein, ist um die Mittagszeit nicht allzu viel los. Wer nicht mehr gehen kann, hat hier die Möglichkeit, per Schiff oder Regionalbahn weiterzufahren. Wir haben noch drei Kilometer bergauf vor uns, bis zum Landgasthaus Blücher, das im abgelegenen Dörscheid mit guter Küche und hübschen Zimmern perfekt zum Ausruhen ist. Schließlich müssen wir
fit sein für die Loreley, die am nächsten Tag erobert werden will. Was für ein wunderschöner abwechslungsreicher Abschnitt! Sonnige Rheinterrassen, weiter Blick, Burgen. Dann ein steiles Felsstück, die Rosssteine.
An Drahtseilen kann man sich beim Abstieg festhalten. Vor lauter Gucken und Staunen vergehen Zeit und Kilometer wie im Flug. Im Tal plätschert ein Bach, rote Bänke laden weiter oben zur Pause mit Weitblick ein. Noch ein Stückchen durch die Weinberge und schon ist sie da, die Loreley. Auf dem Plateau entsteht gerade ein Landschaftspark. Busladungen von Besuchern aus China und Japan laufen nur mal schnell zur Felsspitze, um ein Selfie zu knipsen. Steil ist der Abstieg nach St. Goarshausen. Mit der Fähre setzen wir über nach St. Goar auf der rechten Rheinseite. Dort verläuft der RheinBurgenWeg. Auf der Fähre wundert sich Tom, ein 24-jähriger Student. „Was, du läufst heute nur 15 Kilometer?“Seine Etappen sind 25 Kilometer lang, dazu schleppt er Zelt und Rucksack mit sich herum. „Ich bin in Dortmund gestartet“, sagt er. Schon legt die Fähre an.
Nur noch einen Hügel erklimmen und dann wartet die Belohnung: Auf Burg Rheinfels gibt es nicht nur komfortable Zimmer und ein Restaurant mit fantastischem Ausblick, sondern auch einen Wellnessbereich mit Sauna. Aber ein richtiger Wanderer will am nächsten Tag weiter, auch wenn es noch so schön ist.
Die letzte Etappe führt auf dem RheinBurgenWeg nach Weiler. Sehr einsam, sehr schön, sehr steil. Nach einer Rast am Holzfelder Ziegenhof sind es noch sieben Kilometer bis Weiler. Für das vorzügliche Essen, das Küchenchef René Klütsch im Landgasthaus Eiserner Ritter kocht, ist kein Weg zu weit.
Noch einen Tag bleiben? Nein, weitergehen. Der Weg ist das Ziel.